“Komm her“ sagt die Frau, ein erster Satz, der einiges verspricht, und während man noch rätselt, ob er vielleicht auch eine Drohung enthält, hat der Film einen mit hartem rockigen Sound schon mitgerissen auf eine Reise in die Nacht, die auch nah am Abgrund entlang führt, auf den Spuren von Abel Ferrara und Klaus Lemke.

Zwei Frauen und ein Jüngling sind eingespannt in ein fatales Abhängigkeits-Dreiecksverhältnis, in dem Gefühle und Sex genauso zum Tauschmittel werden, wie Wissen und Macht. Oberflächlich betrachtet erzählt Regisseur RP Kahl in "Bedways" von einer Regisseurin, die mit zwei Schauspielern eine Liebesgeschichte inszeniert, und dabei sich selbst nicht heraushalten kann; Leben und Kino vermischen sich zunehmend.

Wenn die "Perspektive Deutsches Kino" ein Versprechen ist, dann liefert "Bedways" die Erfüllung: Ein Film, der nichts verspricht und alles hält, eine (Selbst-)Reflexion des Regisseurs der auch als Schauspieler arbeitet, über das Filmemachen und die Schauspielerei, die sich auf einem schmalen Grad bewegt, aber niemals abstürzt. Er ist ein Solitär im Programm der Berlinale-Perspektive, die immer ein wenig oszilliert zwischen freundlichem Reservat für Filmhochschüler und Ort der wahren Entdeckungen. Letztere wurden hier oft gemacht in den Jahren, in denen Alfred Holighaus die Reihe leitete. Jetzt wechselt er zur Deutschen Filmakademie.

Dietrich Brüggemann ist eine der Perspektive-Entdeckungen. Auch sein zweiter Film "Renn, wenn Du kannst" erzählt von einem Dreiecksverhältnis, und die diese beiden langen Spielfilme im Programm markieren in ihren riesigen Unterschieden, bei oberflächlicher Gemeinsamkeit, die beiden Pole zwischen bravem Mainstream und subversiver Avantgarde.

Das übrige diesjährige Perspektivenprogramm setzt die Tendenzen der letzten Jahre fort: Mehr Dokumentarfilme, deutlich weniger Spielfilme. Auch wenn Holighaus mit Recht darauf verweist, dass diese Sektion immer das Ziel hatte, Freiräume jenseits des engeren Programmkorsetts der übrigen Reihen zu bieten, ist das schade. Denn die Spielfilme sind da in Deutschland, und so wird man den Verdacht nicht los, dass man den einen oder anderen einfach nicht bekommen hat.

Was den Filmen im Programm immer gut gelingt: Realismus. Ob in der eindringlichen, aber auch tristen Milieustudie "Narben im Beton" von Juliane Engelmann oder in Mariejosephin Schneiders intensivem Identitätsdrama "Jessi" oder in Evi Goldbrunners poppiger Glamourreflexion "WAGs": Kühl und direkt ist der Blick, und nicht zufällig sind es Regisseurinnen und weibliche Hauptfiguren, die hier nicht nur gegenüber dem anderen Geschlecht ihre Freiheit einfordern.

Etwas mehr Exzess und einen ganz anderen Blick erlaubt sich der Schauspieler Sergej Moya in seinem "Hollywood Drama", ein Film-im-Film-Stück zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Ein weiteres Spiel mit Kinogesetzen ist Linus de Paolis Fantasy-Western "The Boy who would't kill". Perspektiven, das liegt in der Natur der Sache, reichen über den Horizont hinaus. Alfred Holighaus übergibt eine etablierte Sektion: Robert Thalheims "Netto" wurde hier entdeckt, "Prinzessinnenbad", "Hotel Very Welcome" und vieles mehr. Eine tolle Bilanz - und hoffentlich ein Versprechen auf die Zukunft.