Im Rahmen der Herbstauktion der Villa Grisebach werden auch einige Werke von Berliner Malern versteigert. Ex-Kultursenator Christoph Stölzl unterzieht die Berliner Motive für uns einer ganz persönlichen Betrachtung.
Als Max Liebermann geboren wurde, war die Welt im allgemeinen und Berlin im besonderen noch voll von Pferden. Zwar gab es Eisenbahnen. Aber lange noch gehörten Bewegungsfreiheit und Pferd, Mobilität und Pferd untrennbar zusammen. Der Kurfürstendamm wurde in Liebermanns Lebenszeit vom Reitweg zum Prachtboulevard, bevölkert von Pferden, Kutschen und Automobilen gleichermaßen. Aber abseits blieb das Doppelwesen «Mensch zu Pferd» ein Teil der Landschaft und damit für das Auge des Malers interessant - je mehr die Jahre ins Land gingen, desto mehr auch als eine Chiffre der aristokratischen Distinktion.
Liebermann gibt hier eine Momentaufnahme von diskreter Eleganz, nicht mehr und nicht weniger: Sonnenflecken tanzen über den Kiesweg, auf dem gestriegelten Fell des Pferdes, auf Leder und Metall des Sattelzeuges. Sonnenpartikel flimmern zwischen den Blättern der Büsche. Wem der Mann in der weißen Jacke das Pferd zuführt, können wir ahnen: 1912/13 hat Liebermann im Umkreis eines Reiterbildnisses seiner Tochter einige Parallelbilder gemalt. Aber genauso gut könnte die Szene einem Fontane-Roman entnommen sein - Liebermanns Kunst lässt alles Stofflich-Anekdotische weit hinter sich.
Villa Grisebach, Fasanenstr. 25, Charlottenburg. Herbstauktion am 29.11. Besichtigung noch bis 27.11.