Die 120. Spielzeit des Deutschen Theaters (DT) startet, wie es sich ziemt für dieses Haus, Ende September mit Klassikern - mit gleich zwei nicht eben oft gespielten Klassikern der Moderne, die noch dazu antike Stücke reflektieren: Eugene O'Neills monumentaler «Orestie»-Adaption «Trauer muss Elektra tragen» (Regie: Konstanze Lauterbach) sowie T.S. Eliots «Alkestes»-Paraphrase «Die Cocktail Party» (Regie: Jürgen Kruse). Dem folgen unter anderem Schiller («Maria Stuart», Regie: Jürgen Bischoff, mit Anika Mauer und Katharina Schmalenberg), Schnitzler («Komödie der Verführung», Regie: Stephan Kimmig), Tschechow («Drei Schwestern», Michael Thalheimer) und Brecht («Mutter Courage», Regie: Peter Zadek, mit Angela Winkler).
In den Kammerspielen hat der Monolog «Jackie» von Elfriede Jelinek Uraufführung; ein Spiel um die Kennedy-Gattin (Elisabeth Trissenaar), die ihre Toten hinter sich her zieht (Regie: Hans Neuenfels). Gespannt sind wir auf Nabokovs «Lolita»; Chefdramaturg Oliver Reese theatralisiert den Roman und führt selbst Regie. Zu Weihnachten gibt es ein Schmankerl der Extraklasse: Dagmar Manzel in der Offenbach-Operette «Großherzogin von Gerolstein» (Regie: Patrick Schlösser).
Alles in allem ein Programm, das Stars feiert und das Ensemble pflegt. Das vor allem den allzeit schwierigen Spagat zwischen Erlesenem und Populärem, Glamour und Todernst sowie zwischen «Literatur»- und «Regie»-Theater zumindest theoretisch spielend schafft. Dass die Kunst der Qualität des Konzepts entspricht und womöglich überflügelt, dies freilich muss sich erst erweisen.
Dennoch darf sich die DT-Direktion wenigstens für einen Moment optimistisch zurücklehnen: Die erste Spielzeit unter Intendant Bernd Wilms, der in der Öffentlichkeit noch vor Amtsantritt in diversen Medien so ehrvernichtend beschimpft wurde, war ein Erfolg: Die Platzauslastung hat sich verbessert auf rund 84 Prozent, die Produktivität immens erhöht. Auch im Künstlerischen kam das DT nach vorn. Eine Handvoll Produktionen sind ständig ausverkauft. Mit «Emilia Galotti» gelang sogar das Kunststück, ein Kultstück zu etablieren.