Philharmonische Jazzer feiern ihre erste CD

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Der Kontrabassist der Berliner Philharmoniker hat seinen Bogen zu Hause gelassen. Der Solo-Pauker stellt sich ans Vibrafon. Der Geiger hält eine Trompete in der Hand. Schließlich wird heute nicht Brahms gespielt. Vier Philharmoniker und ein Ehemaliger präsentieren sich als Berlin Philharmonic Jazz Group im Kammermusiksaal.

Aus einer Bierlaune heraus ist das Projekt 1999 entstanden. Inzwischen waren die philharmonischen Fünf beim Jazzfestival von Montreux und auf Tournee in Asien. Nun ist die erste CD erschienen. Die Record Release Party verbinden sie mit einem guten Zweck: Sie spielen zugunsten der Welthungerhilfe, konkret für Afghanistan.

Die Musiker hängen sich nicht an den längst überfüllten Crossover-Zug. Sie meinen es ernst mit dem Jazz. Wirklich Innovatives wird niemand von ihnen erwarten. Das Quintett sucht zwischen Anklängen an Gypsy-Swing, Latin-Rhythmen und Fusion nach einem eigenen, gemäßigt modernen Stil. Effektvoll führen die philharmonischen Jazzer vor, wie virtuos sie ihre Instrumente beherrschen. Sie genießen die für sie neuen Farben, schrägen Töne und wilden Glissandi. Spannend wird es in den Momenten, in denen sie improvisierend ihr wohlbehütetes philharmonisches Schneckenhaus verlassen.

Martin Stegner ist mit seiner Samt-Bratsche die Seele der Band. Adam Taubitz wechselt mutig und gekonnt zwischen Trompete und Geige. Für aparten und lustvollen Vibrafonzauber sorgt Wieland Welzel. Als gut aufeinander eingespielte Rhythmusgruppe lassen sich Janne Saksala und Franz Schindlbeck hören.

Das Repertoire hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr erheblich entwickelt. Nur noch wenige Klassiker wie Chick Coreas «Spain» und Ed Harris' «Freedom Jazz Dance» stehen auf dem Programm. Die meisten Stücke sind inzwischen Eigenkompositionen mit eigenwilligen Themen. So erinnert die jazzrockige Nummer «Zimmer 408» mit Wah-Wah-Viola an eines der beiden Solistenzimmer in der Philharmonie. mig