Ein bestürzendes Konzert. Dabei fing Peter Ruzicka sein Konzert mit dem Deutschen Symphonie Orchester in der Philharmonie eher herkömmlich an. Das Hauptwerk vor der Pause bildete das Tripel-Konzert Beethovens, als sei es Meistern wie ihm verboten, etwas Unterhaltsameres zu schreiben.
Das Fontenay-Trio, gebildet aus den Altsassen Wolf Harden am Klavier, Michael Mücke an der Geige und dem cellistischen Newcomer Jens Peter Maintz bewies im Zusammenspiel seine hervorragende kammermusikalische Qualität. Der Rundfunkchor, hervorragend einstudiert von James Wood, stellte alle seine immensen Qualitäten herrlich heraus. Er sang a cappella die Motette für vierzig(!) in acht Chöre gegliederte Stimmen von Thomas Tallis. Acht Fünfer-Gruppen rangierten sich auf dem Podium und die Seitentreppen hinauf. Ruzicka gab ihnen die Einsätze. Es öffnete sich buchstäblich ein Himmel voll kunstvoll versponnener Musik. Damit nicht genug! Ruzicka hat das Phänomen Tallis aufgegriffen und es mit großem Orchester instrumentalen «Einstrahlungen» (so der Titel seiner Komposition) unterzogen. Nun aber hört Ruzicka auch mit dem Geist: mit einem phantastischen Einfühlungsvermögen ins musikalisch Jenseitige, mit dem er Tallis' Ingenium eine Viertelstunde aufs nachdenklichste und inspirierteste umkreiste.
Einen anderen Gedenkstein setzte er Celan, dem Dichter, dem er eine Oper gewidmet hat. Die viertelstündige «Recherche» ist später in die Oper eingegangen. Aus Chorrufen, Chorschreien bildet sich allmählich das einzige Wort des mächtigen Klage- und Anklagegesangs. Es lautet «Jerusalem». Dreifache Hammerschläge nageln es fest. Damit ist wahrhaftig alles, was Celan je zu sagen erhoffte und was Ruzicka sich erschüttert zu Herzen nahm, aufs Eindringlichste musikalisch gesagt. Gtl.