Wie Underworld den Technotod verkraftet

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Als Mick Jagger anno 1969 dichtete, man könne nicht alles haben, was man wolle, aber mit ein bisschen Ausdauer werde man schon das Passende finden, da konnte er nicht ahnen, dass junge Westeuropäer wenige Jahrzehnte später zu diesen Versen aerobische Übungen tätigen würden. In der gut gefüllten Arena stand Karl Hyde auf der Bühne und sang «You can't always get what you want» zu Computer-Geräuschen. Und der Weg vom Techno zum Rock'n'Roll schien nicht mehr so weit.

Technomusik hat bessere Zeiten gesehen. Die Regitarrisierung der Popkultur ist seit Jahren in vollem Gange. 1969 ist uns heute musikalisch näher als 1996 das Jahr, in dem «Trainspotting» erschien und «Born Slippy», Song zum Film und berühmteste Techno-Hymne. Heute tobt die Community zu «Born Slippy» in einer Marihuanawolke. Pillen-verdrehte Fratzen sind kaum zu entdecken.

Die Tatsache, dass Underworld den Technotod seltsam unbeteiligt verkraftet, hat viel mit Mick Jagger, den Stones und Marihuanawolken zu tun. Der Sound, den Karl Hyde und Rick Smith fabrizieren, klang für elektronische Verhältnisse schon immer erstaunlich warm, viel Gesang war darin, viel Fanfare und Gespür für Melodie. Die Kluft zwischen Technotrack und Popsong hat das Londoner Duo nie akzeptiert.

Vor allem aber ist Underworld eine echte Live-Band mit perfekter Rollenverteilung. Rick Smith, der Techniker, frickelt fieberhaft an Laptop und Dats herum, derweil Karl Hyde, der Rockstar, den Laufsteg entlang hampelt wie Muppetfrosch Kermit. Er spielt Gitarre, die man nicht hört. Es ist die Geste, die zählt: It's only Rock'n'Techno but I like it. Die Texte sind wie immer egal; zwischendurch versteht man ein paar Fetzen. «I'm beautiful baby» singt Karl Hyde zum Schluss. Danach macht er eine lange Verbeugung. för