«Palucca» - das ist inzwischen so etwas wie ein Ewigkeitswort. Margarethe Paluka erfand es sich als Künstlernamen, und die beiden kleinen c's hüpften sozusagen unaufhaltsam mit ihr durch Dick und Dünn: vom grünen Rasen des Olympiastadions zur Nazizeit bis zu den sandigen Stränden auf Hiddensee, ihrem Ferien-Domizil.
Im kommenden Januar wird Tanz-Deutschland den 100. Geburtstag Paluccas begehen. In die Akademie der Künste ist vorab eine kleine Wanderausstellung eingezogen, die (in beklagenswert kleinen Bildern) den Lebensweg der Tänzerin noch einmal ausschreitet: von der hochgeistigen Geselligkeit im Kreise der Bauhaus-Päpste Klee und Kandinsky, denen Palucca sich wie gleich zu gleich zugesellte, bis zur erschöpfenden Alltagsarbeit in der Dresdner Palucca-Schule, der noch immer einzigen Hochschule für Tanz in Deutschland.
Palucca war ein Quirl der Lebensfreude, der tänzerischen Unternehmungslust, eines künstlerischen Eroberungskrieges, in dem sie wechselnd immer wieder gefeierte, verehrte Siegerin war, bald das zurückgestoßene Opfer. Aber das war vielleicht gerade der unentbehrliche Schaukelschwung, der sie in den andauernden Ruhm hob. Davon sprachen am runden Tisch der Akademie Arila Siegert, die Choreographin, Eva Winkler, Paluccas Schülerin und Mitarbeiterin, und Ralf Stabel, Autor einer glänzenden Palucca-Biographie und, gleichzeitig mit Konrad Hirsch, Co-Autor eines einstündigen Films zu Leben und Werk Paluccas, der an diesem Abend präsentiert wurde und reichen Beifall fand.
Er kreist, oft heiter, immer liebevoll, ohne jeden Anflug von besserwisserischem Aufklärertum, die Unermüdlichkeit dieser kregelen Person namens Palucca ein, die tanzend durchs Leben zu stampfen schien. Er erhob Paluccas Un-Methodik nachhaltig zur Methode. Er sprach von ihrer Generosität und ihrem Geiz. Er machte die Korrekturen deutlich, mit denen sie ihren Lebensweg nachträglich stabilisierte und von jeder politischen Anrüchigkeit fern zu halten versuchte. Sie war nicht einzig die Erfinderin ihrer Schritte, sie erfand sich in lebensgefährdender Gleichzeitigkeit immerfort selbst. Leben und Tanzen - ein Abenteuer. Davon nun allerdings strahlte nichts in die Demonstrationen des Dresdner «Palucca Tanz Studios» ab, das aus eigener Kraft Tänze von Schülern beisteuerte: Beiläufigkeiten, Imitationen, Lächerlichkeiten, Kleinschriften des ehemals Großen. Es ist heutzutage, 77 Jahre nach der Gründung der Palucca-Schule, offenbar schwierig, Paluccas Kunst ohne Ursprungs-Wut im Bauch noch einmal auf junge Beine zu stellen. Gtl.
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, Tiergarten. Ausstellung bis 8. Dezember, täglich 11 - 20 Uhr