Einsamkeit der Postmodernen

Wolfgang Schömels Helden sind jene bedauernswerten Zeitgenossen, um derentwillen «Max» und «Men's Health» gedruckt, After-Work-Parties organisiert und Industrieruinen zu euren Lofts ausgebaut werden. Da schildert ein Großstadtsingle ohne Geldprobleme, Liebessehnsucht und berufliche Ambitionen die gemütsstabilisierenden Rituale seiner ereignisarmen Wochenenden: Der immer identische Waldlaufkurs täuscht existentielle Sicherheit, die Entsorgung von Altpapier und Leergut den Lebenssinn vor. Wir erleben, wie ein einsamer Medienfachmann eine internationale Konferenz mit immer größeren erotischen Erwartungen auflädt und mit seiner halbherzigen Strategie, durch Designergarderobe seine Anziehungskraft aufzuwerten, scheitert. In fast allen Erzählungen meistert der Autor die riskante Klippe, gestanzte Vorurteilsmuster gegen die so genannte Postmoderne abzuspulen. Denn Schömels Sprache ist sorgfältig gewählt, seine Beobachtungen sind schmerzhaft genau. Ohne Plattitüden, aber mit Empathie wirft er mal grelle, mal melancholische Schlaglichter auf seine Protagonisten - ihre Körperkultur, ihren strategisch durchkomponierten Tagesablauf und ihre fehlende raison d'être. H.M.

Wolfgang Schömel: Die Schnecke. Überwiegend neurotische Geschichten. Klett Cotta Verlag, Stuttgart. 205 S., 17 Euro