Geschüttelt ja, Martini nie

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Peter Zander

Man kriegt ja manchmal schon komische Sachen zum Geburtstag geschenkt. Was jetzt James Bond auf den Gabentisch gelegt wird, ist aber ein ganz besonderes Kuckucksei. Der Mann kommt derzeit aus dem Feiern ja gar nicht mehr heraus. Am 18. März feierte er seinen 50., weil 1952 der erste 007-Roman erschien. Am vergangenen Sonnabend feierte er dann seinen 40., weil 1962 der erste Bond-Film Premiere hatte. Und am 28. November kommt das 20. Leinwand-Epos ins Kino. Dazwischen aber gibt es nun «xXx - Triple X». Ein Agentenfilm der ganz anderen Art.

Es gibt wieder schöne Frauen. Fette Waffen. Weltzerstörungsfantasien. Es gibt sogar einen Q-uirligen Erfinder tolldreister Tricksereien. Und das Klischee vom Schurken, der von einem Deutschen gespielt wird, wird gleich doppelt bestätigt: Werner Dähn verkörpert einen wortkargen Auftragskiller, Richy Müller einen Polizisten, der - oops, jetzt haben wir's verraten! - zu den Bösen überläuft. Der Oberschurke ist zwar ein Tscheche (Danny Trejo), doch der hört ständig Deutschrock - «Feuer frei» von Rammstein. Metapher, ick hör dir trapsen.

Der Agent selbst aber, das dürfte die Martini schüttelnde Doppelnull am meisten wurmen, kommt ganz anders daher. Ohne Style, ohne feine Anzüge und gute Manieren. Im Gegenteil: glatzköpfig, halbkörpertätowiert, testosterongestählt. Sex Appeal der direkten Art. Fleisch gewordene Coolness. Und deutlich jünger. Dagegen wirkt Roger Moore wie ein alter Opa und der aktuelle Pierce Brosnan wie der ältere, lahme Bruder. Selbst die Chiffre ist hier keine Nullnummer, sondern Programm: «xXx», gut sichtbar auf den Nacken tätowiert, ist bekanntlich die Bezeichnung für Hardcore.

Hauptdarsteller Vin Diesel, seit dem Überraschungserfolg von «The Fast and the Furious» als neuer Action-Held, ja Action-Typ gefeiert, suhlt sich denn auch sichtlich in seinem Image, empfängt im engen T-Shirt, das die Brustmuskeln zu zerreißen drohen, und grinst sardonisch bei meiner Frage, ob Bond tot sei und er die «Next Generation» der Geheimagenten verkörpere. «Nein» - kurze Pause - und dann ein genüsslich gedehntes «Viel-lei-cht». «Aber das Interessante an xXx'», schiebt er gleich nach, «ist eben der Fakt, dass er gar kein Agent sein will und dazu gezwungen wird.»

Eigentlich ist Xander Cage - so der volle Name - ein Stuntman, der extreme Herausforderungen sucht. «Deswegen wird er ausgewählt. Und das erklärt auch, wie er all die Stunts bewältigt. Bei Bond muss man sich doch ständig fragen, wie er das macht, woher er das alles kann, wann er das bloß trainiert hat.» Die Frage, ob er sich auch schon als Serienfigur sieht, beantwortet er mit der gleichen Strategie. Erst mal ablehnen: «Um Gottes willen, mit 75 noch von Mauern springen?» Dann wieder dieses spitzbübische Grinsen. Und das Zugeständnis, dass 20 Folgen doch gar keine schlechte Perspektive seien.

«Unser» Richy Müller ist bei der Bond-tot-Frage schon etwas direkter. Darf er ja auch. Er spielt ja nur eine Nebenrolle. «Bond an sich zieht nicht mehr. Die, die ihn gesehen haben, sind im selben Alter wie er. Dieses Gentleman-Gehabe gibt's nicht mehr. xXx' ist dagegen auf junge Zuschauer gemünzt, da kommen genau die Sachen vor, die dieses Publikum kennt: Skaten, Snowboarding, Paragliding, Extremsportarten.» Beide, Diesel und Müller, haben ihre Stunts teils selbst praktiziert. Müller, bekennender Autorennsportler, ließ sich, das Stuntdouble ignorierend, durch eine Glasscheibe werfen. «Das gab richtig Applaus, hinterher nannten sie mich den Trooper'.» Diesel hat in seiner Jugend auch manch' «großes, dummes Ding» probiert und die Stunts zumindest in Frakturen immer mit gemacht. «Man muss ja ein Körpergefühl dafür kriegen, wie sich das anfühlt.»

Wie ist das alles in einem zweiten Teil zu toppen? «Vielleicht», witzelt Diesel, habe ich dann das xXx' auf der Stirn tätowiert.» Vorerst aber bereitet er sich auf seine nächste Rolle vor. Was ganz Klassisches: Hannibal, der Eroberer. Weil der viele Sprachen sprach, will sich Vin Diesel das auch aneignen. Und paukt in jedem Land, das er bereist, ein paar heimische Phrasen. Vor ihm liegen darum grüne Karteikärtchen mit deutschen Höflichkeitsfloskeln. Aber die Umlaute kriegt er nicht über die Lippen. Es gibt Extremherausforderungen, an denen scheitert auch Triple X.