Nach dem Willen der Bundesländer Berlin und Brandenburg verschmelzen SFB und ORB zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Als Moderator der Fusionsgespräche ist nun
Albert Scharf hinzugekommen, der frühere Chef des Bayerischen Rundfunks und lang-
jährige ARD-Vorsitzende.
Berliner Morgenpost: Sind Sie der heimliche Gründungsintendant, den es laut Gesetz gar nicht geben soll?
Albert Scharf: Nein. Die Idee, mich einzuschalten, stammt vom ORB-Intendanten Hansjürgen Rosenbauer und seinem SFB-Kollegen Horst Schättle. Sie wollten jemanden haben, der ihre Gespräche moderiert, einer Sachlichkeit zuführt und in kontroversen Situation einen Kompromiss ermöglicht. Mich freut es, an der Umsetzung einer Idee mitzuhelfen, die ich seit langer Zeit für richtig gehalten habe. Die gemeinsame Anstalt wird sieben Prozent zum ARD-Programm beisteuern, aber das sind schließlich nicht irgendwelche sieben Prozent, sondern das ist Berlin mit seinem großen kulturellen und historischen Potenzial.
SFB und ORB haben sich in den letzten Jahren in vielen Konflikten aneinander gerieben. Gibt es schon Ergebnisse bei den Gesprächen?
Ich bin von der offenen Bereitschaft zur Zusammenarbeit angenehm überrascht. Jeder ist natürlich voll der Erinnerungen, aber nun sind sie in der Lage, dies Geschichte sein zu lassen. Wir sind jetzt übereingekommen, bei frei werdenden Stellen auf jeder Ebene gemeinsam zu prüfen, ob man sie noch braucht.
Und wie lange braucht man Sie noch?
Bis Ende des Jahres sollen die Strukturen zusammengeführt werden. Meine Tätigkeit endet, wenn ein neuer Intendant gefunden ist.
Suchen Sie mit?
Nein. Meine Aufgabe ist es, die Leute friedlich am Tisch zusammenzuführen. Ich habe den Vorteil, durch nichts befangen zu sein, weil ich bisher mit Berlin und Brandenburg nichts zu tun hatte.
SFB und ORB sind zwei arme Sender. Glauben Sie wirklich, dass da die fusionierte Anstalt größere Spielräume hat?
Man kann eine sehr schicke Anstalt daraus machen, wenn man gleichzeitig moderne Strukturen schafft. Es ist auch eine psychologische Chance. Horst Schättle und Hansjürgen Rosenbauer werden am neuen Sender nicht mehr beteiligt sein und können deshalb ganz unbefangen sagen, wie es gemeinsam besser ist.
Moderne Strukturen heißt: Es wird deutlich Personal abgebaut.
Man sollte den Prozess nicht belasten, indem man auf diese Frage uneingeschränkt ja sagt. Aber es gibt durchaus Überlegungen, dass man mit ein paar hundert Leuten weniger die Anstalt vernünftig fahren kann. Das geht nicht von heute auf morgen, aber es gibt durch die Altersstruktur beim SFB in den nächsten Jahren durchaus Möglichkeiten. Dann lässt sich auch das Verhältnis von festen und freien Mitarbeitern dynamischer gestalten. Für die politische Phase ist es aber nicht sinnvoll, Zahlen zu nennen.
Zwei TV- und acht Hörfunkprogramme wird sich die neue Anstalt kaum leisten können. Auf wie viel Programm müssen die Zuschauer und Hörer verzichten?
Die Menschen wollen sicher nicht mit einer neuen Anstalt konfrontiert werden, die ihnen weniger Auswahl lässt als die beiden alten. Man wird also versuchen, einerseits die Doppelung des Angebots zu beseitigen und andererseits mehr Auswahl zu bieten von Dingen, die es bislang noch nicht gibt.
Ein politisches Ziel des Senders soll der Integrationsauftrag für ein Bundesland Berlin-Brandenburg sein. Dabei sind Hör- und Sehgewohnheiten in beiden Ländern grundverschieden. Kann der RBB diesen Auftrag erfüllen?
Diese Gewohnheiten der Menschen werden vorerst auch so bleiben, fürchte ich. Man wird Integration nur mittelfristig erwarten können, indem man dem sachte Rechnung trägt. Aber wenn das Programm aus einer Hand gesteuert wird, ist es sicher leichter, als wenn sich Land und Stadt als Konkurrenten gegenüberstehen.
Welche Fähigkeiten müsste der neue Intendant oder die neue Intendantin haben?
Das muss jemand sein, der Sensibilität für die besonderen Befindlichkeiten in Berlin und Brandenburg mitbringt. Die Person an der Spitze muss das Vertrauen erwecken, für alle dazusein.
Wer könnte das sein?
Ich mache mir keine Gedanken darüber, wirklich nicht.