Krimizeit im Palazzo: Rom schwitzt!

Ein wenig wie Charles Bukowski sieht er schon aus, der Schriftsteller Henning Boëtius. Zumindest wie Ernest Hemingway: Tiefe Furchen durchziehen sein vollbärtiges Gesicht. Seine grau-blonden Haare sind mit Gel zurück gekämmt. Man sieht ihm an, dass der Anfang 60-jährige in seinem Leben wenig ausgelassen hat. In Aldo Rossis «Palazzo Farnese» in der Schützenstraße liest er aus seinem neuen Roman «Rom kann sehr heiß sein». Vor ihm steht ein Glas Rotwein, eine große Flasche Wasser steht daneben. Sein Publikum ist situiert.

Ein Züricher Geschäftsmann im Anzug flüstert: «Ich wusste gar nicht, dass in Berlin so viele Lesungen stattfinden.» Im Saal ist es heiß: Den meisten Zuhörern rinnt der Schweiß von der Stirn, einige benutzten die Zeitungsartikel, die in den vergangenen Tagen über den Autor veröffentlicht wurden, als Fächer.

Boëtius sagt, bevor er zu lesen beginnt, dass es sich bei dem neuen Fall seines Heldens Hieronymus nicht nur um einen gewöhnlichen Krimi handele. «Es ist nur die Genre-Bezeichnung - mit der es sich aber gut leben lässt». Dann beginnt er mit dunkler, kratziger Stimme aus dem ersten Kapitel vorzutragen. Ruhig und gelassen zieht er sein Publikum in die Geschichte hinein. Er unterbricht, nimmt einen langen tiefen Schluck und blättert weiter zu einer Stelle, an der der Vater seines Heldes stirbt.

Am Ende empfiehlt der Vorleser, mit dem ersten Hieronymus-Fall - dies ist der fünfte - zu beginnen, wie bei «Winnetou 1 bist 3». Die Türen öffnen sich, die Menschen treten mit kalten Getränken in den Abend hinaus. Berlin kann auch sehr heiß sein. hai