Ein Telefonbuch dient als Spagathilfe, der angebissene Apfel wird zu Jonglierübungen verwendet. Auch virtuose Akrobatik hat eben ihre Wurzeln im profanen Alltag. Und so präsentieren sich «Poignée de Femmes», die Handvoll Frauen des legendären Zirkus Gosh! von ihrer allzu menschlichen, genauer: weiblichen Seite. Hohe Kunst darf bei diesem Trio mit kleinen Peinlichkeiten einhergehen, die dann doch wieder, wenn man sich mit schwingenden Hula Hoop-Reifen umkleidet oder am Trapez das Trikot in Ordnung bringt, im Triumph münden. Was man allerdings nicht über den gesamten Abend im BKA-Luftschloss sagen kann.
Christine Ritter, Sabine Rieck und Kathrin Mlynek, die drei Berlinerinnen, haben mit der Gründung von Gosh! vor zehn Jahren zu einem neuen Zirkusverständnis beigetragen. Das Alternativ-Projekt hat noch viele Fans, wie das Gedrängel am Premierenabend beweist. Der euphorische Jubel zeugt streckenweise eher von Zweckoptimismus, denn die Story von den «Flying Sisters», die das Trio am Boden und in der Luft erzählt, verzeichnet doch manchen Durchhänger. Regisseur Michel Dalleire (Cirque de Soleil, Pomp, Duck and Circumstance) führt die Fäden bei dieser Artistik-, Spaß- und Unsinnsshow, die große Gefühle und kleine Unpässlichkeiten von Babs, Graziela und Emma vorführt, deren glanzvolle Karriere im traurigen Dasein dreier alter Schachteln unterm Zirkusdach endet. Trotz Komik und Können an Trapez, Vertikalseil oder Reifen könnten sie als Schauspielerinnen doch noch zusätzliche Hilfe der Regie vertragen. Bei allem Klamauk freut man sich besonders über poetische Momente, etwa den Liebestanz mit fliegender Tuba. usi
BKA-Luftschloss, Schlossplatz, Mitte. Tel.: 202 20 07. Bis 15.9., Mi. - So., 20 Uhr.