Ihre eigentliche Berufung

Den Maler, dem sich Friederike von Rützow im Roggen hingab, hat sie nie mehr gesehen. Und auch das Kind, das sie von ihm, abgeschieden von der skandallüsternen Öffentlichkeit in einem alten Kloster zur Welt brachte, durfte sie nur eine Stunde lang in den Armen halten. Dann entriss es ihr die Nonne auf Geheiß des gestrengen Vaters Rützow - und gab es zu Adoptiveltern.

Friederike, die auf dem märkischen Familiengut immer nur Freda genannt wurde, wird das ihrem Vater nie verzeihen. Brechen lässt sie sich von dem Schicksalsschlag dennoch nicht, und all seinen Widerständen sowie den Widrigkeiten der Männergesellschaft zum Trotz wird sie Lehrerin. Ihre eigentliche Berufung erkennt sie allerdings erst, als Harro Hochberg vor ihrer Tür steht, ein junger jüdischer Mann, der in ihrer Wohnung auf das Ende der Nazis wartet . . .

Irina Korschunow ist mit «Das Luftkind» ein packender Roman von großer Erzählkraft gelungen. Ohne den mahnenden Zeigefinger zu erheben, plädiert das Buch auf eindringliche Art ebenso an den Mut zur Selbstverwirklichung wie an das individuelle Verantwortungsbewusstsein. clb

Irina Korschunow: Das Luftkind. Roman. Hoffmann und Campe Hamburg. 271 S., 19,90 Euro.