Mit der Groteske «Rat Race» ist John Cleese ab Donnerstag endlich wieder in einer Kinokomödie zu sehen. Aber der 62 Jahre alte Ex-Monty Python («Ein Fisch namens Wanda», «Wilde Kreaturen») hat spannendere Dinge im Leben entdeckt.
Warum sehen wir Sie nur noch als Nebendarsteller in «Rat Race»?
John Cleese: Das war eine bewusste Entscheidung. Ich will nicht zweieinhalb Jahre meines Lebens in ein Projekt stecken, dessen Schicksal sich an einem Wochenende entscheidet. Das Schlüsselerlebnis war «Wilde Kreaturen». Wir hatten in den USA glänzende Kritiken, aber die Fernsehwerbung war so schlecht, dass kein Mensch wusste, dass unser Film lief. Dann startete parallel auch noch der restaurierte «Krieg der Sterne». Das war der letzte Nagel zum Sarg.
Die Erfahrung mit «Rat Race» hat Sie nicht umgestimmt?
Im Gegenteil. Die Testergebnisse vor dem US-Start waren so gut, dass alle auf einen Riesenhit spekulierten. Dann kam im Fernsehen eine völlig verfehlte Werbekampagne, und der Film lief unter Erwartungen. Das amerikanische Publikum entdeckte ihn erst auf Video und DVD.
Strömen denn Cleese-Fans nicht automatisch ins Kino?
Ich habe zwar eine große Anhängerschaft, aber keine junge. Und gerade die jungen Leute machen das Gros der Kinogänger aus. Pro Woche startet so viel, wie sollen die auf einen Film mit mir aufmerksam werden?
Sie klingen frustriert.
Nichts liegt mir ferner als das. Es gibt so viele andere Dinge im Leben, die ich lieber tue als Filme machen. Offen gestanden, ich hatte nie sehr viel für die Schauspielerei übrig. Wenn mir Gott fünf Millionen Dollar böte, damit ich nie wieder vor die Kamera trete, ich würde sofort annehmen.
Sie scherzen.
Mitnichten. Die große Passion meines Lebens ist das Schreiben. Ich war immer nur ein Autor, der seine eigenen Texte aufführte - genauso wie die anderen Pythons. Den größten Spaß hatte ich am Anfang meiner Karriere mit meinen Radiosendungen.
Was gibt Ihnen das Schreiben, was das Filmen nicht geben kann?
Am Ende eines Drehtages hatte ich nie das Gefühl, als hätte ich etwas gelernt oder erreicht. Wenn ich einen Tag lang etwas schreibe, habe ich am Schluss zwei Seiten Papier voll Worte, die es vorher nicht gab. Das ist ein ungeheuer befriedigendes Gefühl.
Welche Themen haben Sie, nachdem ihre Komödientage gezählt sind?
Mit dem Therapeuten schrieb ich bereits psychologische Ratgeber. Der menschliche Verstand ist spannendste Studienobjekt, das ich mir vorstellen kann, von den schönen Künsten mal abgesehen. Hätte ich mit 15 einen besseren Biologielehrer gehabt, wäre ich wohl Psychologie-Professor geworden.
Was ist das Spannendste, was Sie über unsere Psyche herausgefunden haben?
Dass wir keine integrierten Personen sind. Ein menschliches Wesen besteht aus mehreren Unterpersönlichkeiten, die nicht notwendigerweise voneinander wissen. Es ist eine ständige Herausforderung, die miteinander in Einklang zu bringen.
Jetzt, wo Sie von Psychologie viel verstehen, könnten Sie noch bessere Komödien schreiben.
Die Schlussfolgerung ist richtig und falsch zugleich. Einerseits steht mir dadurch eine größere Palette zur Verfügung, mit der ich meine Charaktere entwerfen kann. «Ein Fisch namens Wanda» schrieb ich nach der Veröffentlichung meines ersten Psychologiebuchs. Andererseits habe ich jetzt einen viel geringeren Arbeitsdrang.
Das müssen Sie näher erklären.
Bei den meisten Menschen hat die Arbeit etwas Zwanghaftes an sich. Sie fürchten sich davor, nichts zu tun zu haben, sonst müssten sie sich mit sich selbst und den wirklichen Fragen des Lebens auseinandersetzen. Deshalb können sie es nicht verstehen, wenn jemand wie ich die Dinge ruhiger angehen lassen will.
Ihre Fans können das auch nicht. Die möchten lieber eine John Cleese-Komödie sehen.
Sie haben recht. An ihrer Stelle würde ich auch denken: Warum zum Teufel sinniert dieser Kerl in der Gegend herum? Er sollte mich lieber unterhalten. Die wohl beste Antwort ist: Es tut mir riesig leid, aber Ihre und meine Pläne passen nicht ganz zusammen.