Liebesgott auf Abwegen

Albert ist Student der Kunstgeschichte in Berlin. Als sein Referat über Caravaggios «Siegreichen Amor» misslingt, soll ein Studienaufenthalt in Rom die fehlende Inspiration bringen - tut er aber nicht. Nach Berlin zurückgekehrt, deutet sich in der Beziehung zu der schönen Italienerin Elena ein Ausweg aus Alberts akademischer Sinnkrise an. Er begleitet sie in ihre sardische Heimat, wo er seine Magisterarbeit über ein anderes Bild Caravaggios zu schreiben versucht. Zwar erfüllen sich weder die wissenschaftlichen noch die Erwartungen an die große italienische Liebe, aber die blonde Klara aus Kiel eröffnet dem irdischen Amor neue Perspektiven.

Treichel hat eine Liebesgeschichte geschrieben, die mit sprachlicher Eleganz und freundlicher Ironie ihr Spiel mit allen Topoi der deutschen Italiensehnsucht treibt. «Der irdische Amor» wirkt fast wie ein kulturwissenschaftliches Experiment: Versuchsobjekt ist ein verklemmter, liebenswerter Bildungsbürger, Experimentierfelder sind das moderne Italien und die deutsche Universität. Zwar sind Zweifel am klassischen Bildungsideal erlaubt, denn Albert bleibt weitgehend resistent gegen ästhetische Erweckungserlebnisse. Wie er aber auf die Klaras dieser Welt vorbereitet wird, ist ein unvergessliches Bildungserlebnis. H. M.