Im Kanzleramt hat sich gestern Abend unter Leitung des Kulturstaatsministers, Julian Nida-Rümelin (SPD), die Arbeitsgruppe «Historische Mitte Berlin» konstituiert.
Nur wenige Tage nach dem Votum des Deutschen Bundestages, das Stadtschloss wiederaufzubauen, hat sich das neue Gremium über eine «zügige Vorbereitung» verständigt, hieß es nach dem Treffen. «Niemand hat auf Zeit gespielt», sagte Nida-Rümelin.
«Wenn manche dachten, jetzt werden erst wieder lauter Kommissionen eingesetzt, und es dauert ewig mit der Schlossfrage, dann haben sie sich getäuscht», entgegnete der Staatsminister Befürchtungen, die Arbeitsgruppe wolle das Bundestagsvotum nur aufweichen. Das Gegenteil sei der Fall: Selbst den Sommer über solle straff am Thema gearbeitet werden. So werde die nächste Sitzung bereits im September stattfinden. Wenn alles gut läuft, sei «schon im Frühjahr mit dem Abschlussbericht zu rechnen».
Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, das von der Schloss-Kommission angeregte Nutzungs- und Finanzierungskonzept zu prüfen. Dazu wurden gestern «zwei Unterarbeitsgruppen gebildet». Schätzungsweise 670 Millionen Euro wird die Teilrekonstruktion des Schlosses kosten. Nur der Mehraufwand für Barockfassaden sowie Schlüterhof in Höhe von 75 Millionen Euro soll durch Spenden refinanziert werden.
Mit den künftigen Nutzern (Berliner Zentral- und Landesbibliothek, Humboldt-Uni und Stiftung Preußischer Kulturbesitz) soll «eine realistische Kalkulation» ausgearbeitet werden. «Es hat zu viel Luftschlösser in der Vergangenheit gegeben. Wenn ich federführend Verantwortung tragen soll, dann muss auch ganz seriös gerechnet werden», warnte Nida-Rümelin. Neben dem Kulturstaatsminister, Vertretern des Bau- und Finanzministeriums sind von Berliner Seite auch Bausenator Peter Strieder (SPD) und Kulturstaatssekretärin Krista Tebbe (parteilos) vertreten.
Bislang nicht mit von der Partie ist der Vorsitzende des Fördervereins Berliner Stadtschloss, Wilhelm von Boddien. Ob er künftig hinzugezogen wird, ist fraglich.
«Ich habe dem Staatsminister meine Mitarbeit angeboten», sagte Boddien. Er wolle sich «da zwar nicht reindrängeln». Doch jetzt, wo es «nicht mehr um die Fassade geht, sondern um die reine Facharbeit», könne Sachverstand ja nicht schaden. «Ich vermisse auf jeden Fall Experten für die geplante Agora», kritisierte Boddien. Er halte es für einen Fehler, wenn die Kultur-Nutzer die Flächen des Stadtschlosses unter sich aufteilen, ohne dabei den «Nukleus für internationale Veranstaltungen» zu berücksichtigen.
Angesichts der «Mäßigkeit des ICC und dem Mangel an eleganten Banketträumen in Berlin» komme es entschieden darauf an, dass die Agora mit rund 17 000 Quadratmetern «von Profis geplant wird und nicht von Beamten». Entweder könne ein großer Hotelier oder eine internationale Agentur mit Rat und Tat zur Seite stehen. «Wir wollen einen lebendigen Ort auch mit Gastspielen, Gastronomie und Kongressen», meinte auch Nida-Rümelin.
Dafür wollen jetzt die Kulturinstitutionen ein detailliertes Raumkonzept ausarbeiten. Federführend sind die Museumsdidakten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, deren Sammlung außereuropäischer Kulturen aus Dahlem das Rückgrat des Humboldt-Forums bilden soll.
Als Wackelkandidat gilt die Landesbibliothek. Bis heute gebe es laut Boddien «kein eindeutiges Votum der Berliner Politik, ob sich die Stadt das leisten will». Zwingend sei die Bibliothek nicht. Man könne auch die Fläche von 150 000 Quadratmetern reduzieren - etwa durch Rekonstruktion der kleinteiligen Ostfassade. Die sei «ebenfalls ausreichend gut dokumentiert, um sie wiederherzustellen». Die Häuser böten nur weniger Fläche, seien dafür gut zu vermarkten, so Boddien.