Neue Platte, neues Glück

Ist eine herrschende Ordnung letztendlich doch nur dazu da, um sie richtig durcheinander zu bringen? Für Sonic Youth schon. Diese New Yorker Szene-Institution hat sich in den mehr als 20 Jahren ihrer Existenz nie nach üblichen Mustern, Strukturen oder Ritualen der Rockmusik gerichtet. Als Orientierungspunkt diente der Band höchstens die zufallsgesteuerte Experimentaltonkunst eines John Cage.

Bassistin Kim Gordon und das Gitarrentandem Thurston Moore/Lee Ranaldo nötigten ihre Instrumente zu minimalen und lang anhaltenden Geräuschen, die sich sukzessive zu Lärm verdichteten. Doch mit der Zeit kanalisierten Sonic Youth ihre Energien sinnvoller, entwickelten eine eigene Ästhetik, die bis heute für den Underground-Rock als prägend gilt.

Ein großer Teil der Spannung, die Sonic Youth ausmacht, ist auf geschickt eingewobene Flirts mit dem Zeitgeist zurückzuführen. Ihre beste Phase hatten Sonic Youth in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre mit den Alben «Sister», «Daydream Nation» und «Goo». Danach verstrickten sich die Musiker bei der Gratwanderung zwischen Kunst und Kommerz.

Abhilfe gab es 1997. Für das Album «A Thousand Leaves» holten Sonic Youth überraschend Prodsuzent Wharton Tiers zu sich, in dessen Studio die ersten Aufnahmen der Band entstanden. Es folgte die Zusammenarbeit mit Jim O'Rourke, einem wichtigen Impulsgeber der Post-Rock-Bewegung in Chicago. O'Rourke ist ein vergleichsweise harmoniesüchtiger Mensch, weshalb das aktuellen Sonic-Youth-Album «Murray Street» nicht mehr nur schroff klingt. Die Murray Street befindet sich nur wenige Meilen nördlich des zerstörten World Trade Centers. Sonic Youth haben dort ihr Studio und erlebten die Katastrophe hautnah mit. Als Reaktion darauf klingt die Musik nun weniger infernalisch. huf.

Columbiahalle, Columbiadamm 13-21, Kreuzberg. Tel.: 698 09 80. 20 Uhr, 21 Euro.