Zeit der Abschiede

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Stefan Kirschner

Diesmal greift Claus Peymann zur Pistole, um seine Treffsicherheit zu demonstrieren. Und prompt fällt der Kronleuchter auf die Bühne . . . Der Direktor des Berliner Ensembles (BE) probt derzeit Peter Turrinis «Da Ponte in Santa Fe». Die Uraufführung mit Heribert Sasse in der Rolle eines Operndirektors und Salonbesitzers kommt als Koproduktion mit den Salzburger Festspielen am 29. Juli in Österreich heraus. Die Berliner Premiere eröffnet am 28. August die neue Spielzeit am BE.

Die wird ohne den bisherigen Hausregisseur beginnen. In aller Freundschaft «trennen sich die Wege von Philip Tiedemann und mir eine Zeit lang», so Peymann, der über diverse Abschiede redete. Auch über den eigenen, der im Bereich des Möglichen liegt. Sein Vertrag läuft am 31. Juli 2004 aus. Er verlängert sich automatisch, wenn weder der Senat noch Peymann selbst bis zum 31. Juli dieses Jahres widersprechen. «Es könnte sein, dass ich das tun muss», betonte Peymann gestern.

Umstritten sind die finanziellen Rahmenbedingungen. Derzeit bekommt das Berliner Ensemble jährlich 10,5 Millionen Euro vom Land und zusätzlich 2,8 Millionen Euro Lottomittel. Dieser dauerhaften Förderung erteilte der Regierende Bürgermeister eine grundsätzliche Absage. Auch deshalb ging Peymann nach einem Gespräch mit Klaus Wowereit in der vergangenen Woche in die Offensive und kündigte an, dass er wegen «des guten Geschäftsverlaufs» beziehungsweise des unerwartet hohen Publikumszuspruchs - die Auslastung liegt in dieser Saison bei 87 Prozent - ab 2004 auf 770 000 Euro Lottomittel verzichten könne. Die Vertragsverlängerung hängt also an zwei Millionen Euro. Peymann stellte gestern klar, dass «man mit mir nicht pokern kann».

Inhaltlich setzt Peymann das vertraute Programm fort: Edith Clever inszeniert Einar Schleefs «Gertrud» und Werner Schroeter «Adam Schaf hat Angst» von Georg Kreisler, mit dem das BE einen Ausflug in den Kabarett- und Varietébereich wagt. Achim Freyer bringt mit «Ein Fest für Boris» einen frühen Bernhard auf die Bühne, Thomas Langhoff widmet sich Ibsens «Die Wildente» und der Hausherr selbst beschäftigt sich mit Brechts «Die Mutter». Robert Wilson will im Mai seinen Büchner-Zyklus mit «Leonce und Lena» beginnen, «Was wollt ihr denn» von Volker Braun soll Frank-Patrick- Steckel inszenieren, und Leander Haußmann bringt Wedekinds «Frühlings Erwachen» auf die Bühne.