Im Ostwestfälischen ticken die Uhren etwas anders. Kein Wunder also, dass auch ein Nachwuchskabarettist aus dieser Gegend ein wenig anders ist. Während die Kollegen gern in T-Shirt und Jeans performen, wählt Ingo Börchers einen schwarzen Dreiteiler, in den er noch reinwachsen muss. Was macht man nicht alles, um nach einem richtungsweisenden Unternehmens- und Lebensmanagementseminar namens «Fit für die Zukunft in acht Tagen» die Zuschauer im jungdynamischen Outfit zu beeindrucken.
Der Newcomer schlägt in seinem zweiten Programm «Newspeak - ein kabarettistisches Wortereignis» im Mehringhof Theater den Bogen von den neudeutschen, inhaltverschleiernden Euphemismen des heraufdämmernden Jahrtausends zu den Machern und Machthabern, die unser Denken mit ihren schönredenden Litaneien und rosig gemalten Konzepten voll im Griff haben. Eine gute Idee, die allerdings von vielen Satirikern schon reichlich ausgeweidet wurde.
Der 28-Jährige traut sich dennoch an die x-te Variante heran, schließlich hat ihm sein Seminarleiter Tom drei aufmunternde Motivationshilfen eingebläut: «Ich kann. Ich will. Ich schaffe es.» Wohlpräpariert begibt er sich damit auf die Suche nach dem Leben, das zwischen Bafög und Rente angesiedelt ist. Doch leider helfen auch einprägsame Kurzsätze nicht jedem Thema auf die Sprünge. Und so plaudert Ingo Börchers eher mäßig spannend über allgegenwärtige Anglizismen, Privates wie den Schwedenurlaub mit seiner ISP, also seiner Intensivsozialpartnerin, Computer und die Schwierigkeiten des globalen Handelns. Er erklärt, dass heute niemand mehr faul oder hässlich, sondern lediglich «anderweitig motiviert» oder «kosmetisch indifferent» ist. Derlei nett-gefällige Späße schrammen jedoch nur Oberflächen und gehen nie ans Eingemachte. Gesellschaftliche Befindlichkeiten bringt man damit schon gar nicht auf den Punkt. Was bleibt ist brav-biederes Parlieren ohne große Originalität. boro
Mehringhof Theater, Gneisenaustr. 2 a, Kreuzberg, Karten: 691 50 99. Bis 8.6., Di - - Sa, 20.30 Uhr.