Bis eben waren sie albern, jetzt kleben die Schüler der jüdischen Oberschule Berlin-Mitte auf ihren Sitzen. Klar kennt man Anne Frank und hat das Tagebuch der Bankierstochter, die mit 15 Jahren in Auschwitz ermordet wurde, gelesen. Und dennoch bringt ein Film, wie ihn das Anne Frank Zentrum nun im Kino Central präsentierte, das Mädchen noch einmal auf andere Weise nahe: Zum abstrakten Text gesellen sich konkrete Bilder.
Im Fall von Anne Frank sind das nicht viele. Es gibt ein paar Baby- und Kinderfotos oder das berühmte Porträt, auf dem sie schreibend an einem Tisch sitzt. Hinzu kommen allerdings unzählige Dokumente der 30er- und 40er-Jahre, in denen jüdische Geschäfte zerstört, Menschen abgeführt und Inhaftierte aus den Konzentrationslagern gezeigt werden. "Das kurze Leben der Anne Frank" vermischt diese historischen Materialien zugunsten eines authentischen Bildes. Brutale Szenen werden in dem biografischen Abriss für Jugendliche ab zwölf Jahren ebenso vermieden wie eindeutig pädagogische Kommentare.
Vielmehr lässt Sprecher Joachim Król, der schon in dem Film "Anne Frank - The Whole Story" den Leidensgenossen Hermann van Pels spielte, das Leben der Familie nüchtern passieren. Von Annes Geburt über den nur halb freiwilligen Umzug der Familie von Frankfurt nach Amsterdam bis hin zu jenem Hinterhaus, in dem die Familien Frank und van Pels zwei Jahre völlig isoliert lebten - bevor ein anonymer Denunziant das Versteck verriet.
"Allein in ihrer Klasse gab es 15 ähnliche Schicksale vom Untertauchen, von Hunger, Verhaftung und Tod", erläutert der Film, der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitfinanziert wurde. Doch nur Anne hat ihre Geschichte aufgeschrieben - für alle, die sie im Anne Frank Zentrum Berlin oder jener Wanderausstellung sehen wollen, die im Juni in Frankfurt am Main zuerst Station macht und diesen Film zeigen wird.