"Kommen Sie rein, und stehen Sie bequem", rief Peter Thomsen als Gendarm mit Pickelhaube. In Alt-Berliner Zeitungsjungenkluft verteilte Barbara Schöne das "Walter-Kollo-Extrablatt". Heinrich Zille (Jack Chessny) trug am Grab seines Freundes ein Gedicht vor. Claire Waldoff (Angelika Mann) sang noch einmal Kollos Lied, mit dem sie über Nacht berühmt geworden ist: "Schmackeduzchen". Kostümierte Künstler gestalteten eine bunte und fröhliche Feierstunde zum 125. Geburtstag des großen Berliner Operettenkomponisten. Die Familie Kollo hatte auf den Sophienfriedhof eingeladen, wo Walter Kollo neben seinem großen musikalischen Vorbild Albert Lortzing begraben liegt. Rund achtzig Operettenfreunde versammelten sich vor dem schwarzen Grabstein. Von der Familie kamen Renate Kollo, die Witwe von Walter Kollos Sohn Willi, die Kollo-Enkelin Marguerite, ihre Nichte Nathalie und deren Sohn Marlon. Kultursenator Thomas Flierl hatte seine Teilnahme kurzfristig wieder abgesagt. Der Bühnenbildner Mihail Tchernaev hat zum Jubiläum einen Grabsteinaufsatz mit Walter Kollos Porträt und seinen wichtigsten Musiktiteln entworfen. "Das war in Schöneberg", "Untern Linden, untern Linden", "Die Männer sind alle Verbrecher" - die Melodien hat heute noch jeder im Ohr. Walter Kollo, einer der Gründerväter und Hauptvertreter der Berliner Operette, hat die musikalische Sprache der Stadt in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wesentlich geprägt. Er hat dem Bild des resoluten, schnoddrigen Alt-Berliners mit Herz und Schnauze ein Denkmal gesetzt. Der Ostpreuße, der damals noch Elimar Walter Kollodzieyski hieß, verbrachte seine Anfängerjahre als Kapellmeister und Korrepetitor in Königsberg. 1906 zog es ihn in die Kulturmetropole Berlin mit ihren mehr als dreißig wichtigen Theatern. Kollo musste sich und seine junge Ehefrau, die Chansonette Marie Preuß, zunächst als Varieté-Pianist über Wasser halten. Erst die künstlerische Verbindung mit Claire Waldoff brachte seinen Liedern die Popularität von Gassenhauern. Sie verkörperte auch die Köchin Auguste in Kollos Operetten-Welterfolg "Drei alte Schachteln" mit dem Hit "Ach Jott, wat sind die Männer dumm". Mit seinen Operetten ("Wie einst im Mai", "Die Frau ohne Kuss"), Possen und den jährlichen Haller-Revuen war Kollo Jahrzehnte lang erfolgreich. Bei der Feierstunde auf dem Friedhof erinnerte Gema-Chefsyndicus Jürgen Becker an Kollos Rolle als Mitbegründer der Verwertungsgesellschaft. Von Kollos zahlreichen jüdischen Mitarbeitern, die nach 1933 Deutschland verlassen mussten, sprach der Komponist und Präsident der Dramatiker-Union Gerd Natschinski. Die letzten Lebensjahre vor seinem Tod 1940 verbrachte Walter Kollo zurückgezogen in Berlin. Marguerite Kollo startete gemeinsam mit ihrem Verein "Operette in Berlin" eine Unterschriftensammlung zur Wiederbelebung des Metropol-Theaters, an dem ihr Großvater zahlreiche Triumphe gefeiert hatte.