Reinickendorf ist vor allem grün, doch der Fuchs im Wappen traut sich auch ans Wasser: Nach Tegel ist ein See benannt; Tegelort, Konradshöhe und Heiligensee schlängeln sich an der Havel entlang. Das nasse Quartett ist heutiges Untersuchungsobjekt unseres 25-Jahre-Preis-Checks.
Eigentlich könnte unser Marktexperte ständig an einem der Reinickendorfer Strände liegen, doch Makler Dirk Wohltorf aus Tegel hat zu tun: Zum einen leitet er als Landesvorsitzender den Verband Deutscher Makler, zum anderen vermittelt er Immobilien, vor allem in unserem Kiez-Gebiet: «Für eine Kiez-Studie sind das aber reichlich viele Orte - Tegel hat mit Borsighallen, Schloss, Humboldt-Bibliothek und Tegeler See doch einen anderen Charakter als die anderen drei Orte», sagt Wohltorf: «Heiligensee, Konradshöhe und Tegelort sind nicht nur von Wasser, Wald und frischer Luft umgeben, sondern bieten Oasen der Entspannung, speziell auf Einfamilienhaus-Grundstücken. Und an den alten Dorfkernen ist abzulesen, dass hier Werte erhalten werden sollen.»
Die meisten dieser Wasserlagen sind also Einfamilienhausgebiete, und hier haben wir Preisideen von Hausverkäufern des Frühjahrs 1977 mit Angeboten von 2002 verglichen. Umgerechnet auf ein theoretisches 100-qm-Haus stehen Tegel & Co. 1977 mit 96 900 Euro zu Buche und 25 Jahre später mit 213 900 Euro.
Daraus errechnete 121 Prozent Preissteigerung liegen berlinweit im oberen Mittelfeld. «Das liegt auch an der verbesserten Infrastruktur. Wer im Grünen wohnen will, kommt jetzt viel schneller in die Berliner City als vor 25 Jahren.» Unterschiede sieht Wohltorf speziell zwischen Heiligensee und Konradshöhe: Das nördlichere Heiligensee hat viele 500-qm-Grundstücke mit Häusern, die bei 120/130 qm Wohnfläche für 250 000 Euro zu haben sind, während Konradshöhe eher etwas für repräsentativeres Wohnen in 30er-Jahre-Villen mit oft 180 bis 200 qm sei. Dort muss man schon mal 450 000 Euro oder «deutlich mehr für unmittelbare Wasserlagen» berappen.
An Eigentumswohnungen wurden 1977 in den Wasser-Orten nur wenige angeboten. Und unter denen gab es sehr wenige, deren Inserenten Preise nannten. Mit den statistischen Vorbehalten dieses geringen Angebots kommen wir für 1977 auf einen ETW-Quadratmeterpreis von 814 Euro. Im Frühjahr 2002 liegen die Offerten im Morgenpost-Anzeigenteil bei 1820 Euro/qm. Das Preisplus von 124 Prozent überrascht Wohltorf nicht: «Die heutigen Preise kommen aus hochwertigen Eigentumswohnungen in den 90er-Jahre-Stadtvillen. Die Preise könnten noch höher sein, wäre nicht die Tendenz zum eigenen Haus so deutlich spürbar - hier bei uns bekommen Sie zu ähnlichen Preisen schon frei stehende Häuser.» Als Sonderfall sieht er aber «Wohnungen mit direktem Havelblick: Da kann die Nachfrage gar nicht befriedigt werden, und deshalb werden die äußerst hoch gehandelt.»
Wer nicht eigene, sondern fremde vier Wände sucht, kann in Tegel/-ort, Heiligensee und Konradshöhe auch Mieter werden (oder bleiben). «Na ja, eher in Tegel City, an der Berliner Straße und ihren Nebenstraßen - aber in den anderen drei Orten finden Sie mehr Eigentümer.»
Zusammengefasst ergab sich bei Neuvermietungen für 1977 ein Schnitt von 4,07 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter - ein relativ hoher Wert. Bis 2002 stieg diese Durchschnittszahl in den Inseraten auf 7,83 Euro - mit diesen 92 Prozent plus ist Reinickendorfs Wasserwohnen im Westberlin-Vergleich etwas günstiger geworden.
Bei Grundstücken haben wir uns wieder an die amtlichen Bodenrichtwerttabellen gehalten, weil auch im hohen Nordwesten Bauland seltener gehandelt wird. Der auf Euro umgerechnete Quadratmeterpreis 1977 lag in den nach dem Zufallsprinzip ausgesuchten Straßen bei 96, im Frühjahr 2002 bei 266 Euro. Das Plus von 177 Prozent ist Westberlin-weit eher im letzten Drittel zu finden.
Wo würde Wohltorf selbst investieren, in Tegel/-ort, Konradshöhe oder Heiligensee? Als erste Straße nennt er eine, die sowohl Heiligensee als auch Konradshöhe durchzieht: «Die Wasserseite der Sandhauser Straße und ihre Umgebung. Und die Nußhäherstraße in Konradshöhe mit ihren großzügigen Grundstücken und Altbauvillen.» Plus jeweils die Nachbarstraßen. Weiter nennt Wohltorf Straßen, die alle unter den Oberbegriff «Wasserlagen und ihre unmittelbaren Querstraßen» passen.
Ein Tegel-Tipp? «Schlossnähe und rund um die Gabrielenstraße.» Tegel-Süd empfiehlt er noch nicht: «Südlich der Bernauer Straße gibt es teilweise Fluglärmbelästigung. Aber wenn Schönefeld kommt, wird Tegel-Süd gewinnen. Nur ist dies heute noch zu weit in die Zukunft gedacht.»
Wohltorfs Gesamteinschätzung für alle vier Orte: «Dem Bezirk Reinickendorf gehört die Zukunft!» Wieso? «Junge Familien werden sich hier in den nächsten Jahren verstärkt niederlassen.» Und bei den heutigen Preisen («...und Zinsen!») hält er Immobilien-Engagements hier für lukrativ: «Die vier Orte werden sich weiter prächtig entwickeln, weil sie alles bieten, was stilvolles, ruhiges und modernes Leben ausmacht», sagt er und sieht in den drei Attributen keinerlei Gegensatz - «jedenfalls nicht hier bei uns». Schlusswort: «Ich freue mich schon auf Ihren nächsten Preis-Check im Frühjahr 2027 - und heutige Reinickendorf-Käufer werden das auch gern lesen.»