Freies Feld vor der Nase

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Dietmar Treiber

Britz Buckow Rudow. Diese drei Teile Neuköllns sind so ganz anders als die Innenstadt des vor der Reform einwohnerstärksten Berliner Bezirks. Ein knappes Drittel der Neuköllner wohnt weiter draußen - in «BBR», wie die drei Ortsteile einst in Entwicklungsplänen unsanft gekürzelt wurden. Dabei lassen sich die drei nicht über einen Kamm scheren, weiß unser heutiger Experte Rainer Krause, Makler in Rudow. Aus Gründen der Statistik haben wir sie in unserer 25-Jahres-Untersuchung aber doch zusammengefasst und zählen auch Gropiusstadt mit.

«Die Entwicklung von Britz begann um den Britzer Park und das Schloss herum», erzählt Krause und spricht von einem «ländlichen Stil mit verdichteter Bebauung». Etwas anders rund um die Mohriner Allee, «da gibt es mehr Einfamilienhäuser».

Buckow liegt südlicher, hier finden sich auch gewachsene Einfamilienhausgebiete, durchsetzt mit Stadtvillen, teils durchzogen von Laubenkolonien.

Rudow sieht Krause «völlig anders». Hier wurde schon früher gesiedelt. Denkmalgeschützte Häuser in Alt-Rudow wie der Dorfkrug sind 200 Jahre alt, und speziell in den 1930er Jahren wuchs die dörfliche Besiedlung dichter. «Heute ein klassisches Einfamilienhausgebiet, besonders die starke öffentliche Förderung hat nach dem Krieg für mehr Bautätigkeit geführt.»

Zu den Zahlen, für die wir wieder Immobilienanzeigen des Frühjahrs 2002 mit denen von 1977 verglichen haben: Erneut gilt, dass Ladenhüter ausgemustert wurden - ob die Preisideen heute wie gestern realistisch waren, spielt für die Untersuchung keine Hauptrolle.

Bei Reihen-, Doppel- und frei stehenden Einfamilienhäusern kam unser theoretisches 100-Quadratmeter-Durchschnittshaus in «BBR» 1977 auf umgerechnet 101 400 Euro. Jetzt sind es 182 500 Euro - ein Preisplus von 80 Prozent. Diese Wertentwicklung rangiert in Berlins Westbezirken weiter hinten. Enttäuscht Sie das, Herr Krause? «Ich halte das für die allgemeine Entwicklung. Hier ist ein positiver Trend durch die Wende unterbrochen worden.» Im nahen Großziethen wurde gleich nach dem Mauerfall intensiv zu günstigeren Endpreisen gebaut, was die höheren Immobilienpreise innerhalb der Stadtgrenzen Berlins drückte.

Eigentumswohnungen gibt es auch in Buckow, Britz und Rudow: Der 1977 geforderte durchschnittliche «ETW»-Quadratmeterpreis von 770 Euro lag im Westberlin-Vergleich auf einem Mittelplatz. Bis Frühjahr 2002 kletterten die Quadratmeterpreise auf 1395 Euro, ein Preisplus von 81 Prozent. Krause sieht unsere Durchschnittszahl für 2002 eher als oberen Rand der Preispalette, «aber das hängt auch von Lage und Ausstattung ab, der Mittelwert liegt eher bei 1100 Euro.» Wenn viele Neubauten («vor allem in Stadtvillen mit vier bis acht Wohnungen») am Markt sind und die Besitzer umgewandelter Sozialwohnungen ihre Immobilien behalten wollen, verändert sich in der Statistik die Durchschnittszahl.

Wer 1977 nicht ins Eigentum zog, sondern bis heute in Mietwohnungen blieb, lebte im Vergleich zum Immobilieneigentümer etwas teurer. Die von uns errechneten Quadratmeter-Preisideen (bei Neuvermietung) erhöhten sich für Kaltmieten in BBR von 3,52 auf 6,82 Euro - eine Steigerung um 94 Prozent. Das hält Krause für realistisch und kommentiert wie seine Kollegen die Veränderungen mit der Berliner Mauer-Lage, als bei Neuvermietung nur zehn Prozent auf den alten Mietpreis draufgeschlagen werden durfte.

Ein Wort noch zu den Grundstückspreisen: Weil es in Berlin eine zu geringe Zahl von Kiez-verwertbaren Angeboten gibt, stützt sich unsere Untersuchung auf den amtlichen Bodenrichtwertatlas. Und wie in anderen Westberliner Gebieten auch ist der Baulandpreis kräftig gestiegen: von 90 Euro Anfang 1977 auf 230 Euro in 2002 - im Schnitt eine Steigerung um 156 Prozent. «Was selten ist, ist teuer», meint Krause wie seine Kollegen.

Wie geht es weiter in BBR? Krause glaubt an eine «eher steigende als fallende Nachfrage». Warum? «Die Stadtrandlage ist beliebt, die Angebote sind günstig, und die gute Anbindung an die Freizeitangebote im Osten wird als wohltuend empfunden.» Ist Britz-Buckow-Rudow überall gleich gut? Krause weiß gleich, dass damit die Geheimtipps gemeint sind, die wir von den Kiez-Experten der Serie erwarten: «Für Rudow empfehle ich den Zirkelschlag von zwei Kilometern rund um den U-Bahnhof Alt-Rudow. Dort ist alles interessant, wenn es nicht gerade an einer Hauptverkehrsachse liegt.»

Für Britz fällt ihm sofort die Mohriner Allee ein. «Fast alle Angebote in Buga-Nähe sind sofort weg.»

Und Buckow? «Der Bereich Wildhüterweg/Ringslebenstraße an der Stadtgrenze.» Von dort ist es nicht weit zu Bus, U-Bahn, Gropius-Passagen oder auch zu Schule und Kita, und andererseits hat man die freien Felder von Großziethen direkt vor der Nase.