Zwischen Kudamm und Gierkeplatz

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Charlottenburg - das ist das gleichnamige Schloss, mehr aber noch der Kudamm. Dort auch hat Willi Bendzko sein Maklerunternehmen, und hiesige Verkaufspreise und Verkaufszahlen kennt er seit mehr als 40 Jahren. Natürlich speziell beim Stichwort Eigentumswohnung, als deren «Vater» der Makler immer wieder bezeichnet wird.

Diese Zahlen aus den Morgenpost-Anzeigenangeboten errechneten wir für Bendzkos «Kiez», aus dem wir (Neu-)Westend ausklammern und in einer späteren Folge eigenständig behandeln: 539 Euro pro Quadratmeter Eigentumswohnung wurden im Frühjahr 1977 gefordert. 25 Jahre später, im Lenz 2002, sind es durchschnittlich 2030 Euro. Das bedeutet ein sattes Plus von 276 Prozent - und einen der vorderen Ränge in der Endabrechnung der Eigentumswohn-Reviere, wie man am Ende der Serie noch sehen wird.

Bendzko: «Die Zahlen stimmen mit eigenen Untersuchungen ungefähr überein. Für die damalige Zeit hätte ich den Quadratmeterpreis vielleicht noch etwas höher gesehen, und heute stellen 2030 Euro für Charlottenburg schon eine Obergrenze dar.» Dies mag, so zeigt die Morgenpost-Berechnung, aber auch damit zu tun haben, dass damals wohl nur jene Inserenten Preise nannten, die sich ganz besonders günstig wähnten. Außerdem, bestätigt Willi Bendzko, herrschte damals noch die Frühzeit der Eigentumswohnung: Viele Altbau-Mietshäuser wurden umgewandelt und kamen oft als große und wenig renovierte Angebote auf den Immobilienmarkt, und «Charlottenburg hat besonders viele große Wohnungen». Das machte damals den Preis kleiner, denn 1977 wurde kleine Wohnungen stärker gesucht als heute.

Dass die Preise so vehement nach oben gingen, begründet Bendzko auch mit dem Image des «angesehenen City-Bezirks Charlottenburgs». Wilmersdorf und das Hansaviertel sieht er in gleicher Position.

Bei den Mietwohnungen steht es nach der Morgenpost-Rechnung so: Der Mietwohnungs-Schnitt 1977 lag bei kleineren Wohnungen - ein bis zweieinhalb Zimmer - bei 3,66 Euro Kaltmiete. Im Durchschnitt 2002 kommt diese Sparte auf 6,83 Euro und damit ein Plus von 87 Prozent. Drastischer ausgefallen sind die Mietpreissprünge bei größeren Wohnungen mit drei und mehr Zimmern: Hier errechneten wir eine 25-Jahres-Steigerung von 175 Prozent - ein Spitzenwert.

Wie erklärt sich Bendzko diesen Bereich? Vorrangig nicht mit Charlottenburger Argumenten: «Das ist die Folge der Wohnraumbewirtschaftung», die viele Neu-Berliner nicht mehr kennen: Zog ein Mieter aus, durfte die frei werdende Mietwohnung für maximal zehn Prozent mehr Kaltmiete neu vermietet werden. Das sorgte speziell bei den großen Wohnungen für ziemlich kleine Zahlen: «In schlechteren Lagen und in kleinen Wohnungen war viel Fluktuation, und jedesmal ging die Miete rauf. Die Witwe in ihrer großen Charlottenburger Vier-Zimmer-Wohnung aber blieb und wohnte 1977 fast noch zu Mietpreisen wie 1955.»

Wo gibts die größten Wohnungen Charlottenburgs: «Kudamm und Seitenstraßen, da finden Sie herrschaftliche Wohnungen mit 300 Quadratmetern und mehr.» Dies wäre auch schon einer der Bendzko-Tipps für die künftige Entwicklung: Wer solche Wohnungsgrößen mag, sollte bevorzugt dort suchen. Des Maklers Prognose für ganz Charlottenburg: «Rosig - wie für alle guten City-Bereiche.»

Speziellere Kiez-Vorschläge von Willi Bendzko: der Lietzensee, und dort vor allem die Wohnungen mit Wasserblick. Als Geheimtipp sieht er speziell den Gierkeplatz: «Schöne, ruhige Lage mit einer reizvollen Kirche in der Mitte.»

Letztes Kapitel: Grundstücke. Die Preise hierfür sind angesichts geringer Verkaufszahlen mehr Theorie als Praxis. Aus einigen zufällig ausgewählten Straßen mit Wohnbebauung haben wir ein 25-jähriges Preisplus von 279 Prozent errechnet, an 1a-Straßen wie dem Kudamm haben sich die Preise indes verzehnfacht. «Klar, dass dies am stärksten gestiegen ist», nickt Bendzko, «Boden ist in Berlin rar und wird gehandelt wie Gold. Aber in den vergangenen drei Jahren hat sich der Markt doch etwas beruhigt.» tr