Interview

"Frauen unter Doppelbelastung? Ist doch selbstverständlich"

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Schriftstellerin Hera Lind ("Das Superweib") sagt, den Deutschen sei das Interesse an alleinerziehenden Müttern abhanden gekommen. "Das langweilt", bedauert die 52-Jährige im Gespräch mit Patrick Goldstein.

Der neueste Schrei dagegen seien selbstlos daheim bleibende Elternzeit-Männer und hinreißend tapsige Papas mit Sorgerecht. Im Roman "Die Erfolgsmasche" (Diana Verlag, 336 S., 17,95 Euro) schreibt die in Salzburg lebende Lind nun also über Single-Mutter und Journalistin Sonja, deren Kolumne in einem Frauenmagazin nur deshalb heiß begehrt ist, weil sie ihrer Chefin weisgemacht hat, die Texte über den alltäglichen Kinderwahnsinn seien von einem alleinstehenden Vater verfasst. Bald aber gerät Sonja der fiktive Supervater außer Kontrolle.

Berliner Morgenpost: Frau Lind, warum lieben Frauen Illustrierte?

Hera Lind: Wir haben zwischendurch wohl mal Lust, uns in Bildern zu spiegeln, die nichts mit uns zu tun haben. Aber es ist schon ein bisschen beschämend, dass wir Frauen uns da für bestimmte Leute interessieren, nur weil sie schön geschminkt sind, schöne Hüte tragen und schöne Kleider anhaben.

Berliner Morgenpost: In Ihrem Roman verliert eine alleinerziehende Mutter den Job, weil ihre Kolumnen in einer Illustrierten keinen mehr interessieren. Als Mann dagegen wird sie ein Hit. Wieso?

Hera Lind: Das Interesse an alleinerziehenden Müttern ist gesunken. Es wird ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Frauen mit der Doppelbelastung fertig werden, berufstätig und alleinerziehend zu sein - selbst wenn sie einen Ehemann haben, sind die meisten Frauen ja trotzdem irgendwie alleinerziehend. Darüber wird aber kein Wort verloren, das hält man eben für langweilig. Ein Mann in gleicher Rolle dagegen wird angehimmelt. Was ich mir da für mein Buch ausgedacht habe, würde im wirklichen Leben auch funktionieren - da bin ich sicher.

Berliner Morgenpost: Dabei leisten Single-Mütter doch Großes.

Hera Lind: Eben. Ich fände es viel ehrlicher, wenn Frauenillustrierte auch mal solche Frauen zu Worte kommen ließen, die diese Zeitschriften lesen, statt immer nur Schauspielerinnen mit zig Kindern aber drei Kindermädchen. Es sind doch die alleinerziehenden, berufstätigen Mütter, die heutzutage wirklich etwas leisten und etwas zu erzählen haben - im Gegensatz zu den geschminkten, gelifteten Figuren, um die es sich leider immer dreht. Ich will da ganz normale Hausfrauen sehen und berufstätige Mütter, die ihren Alltag wunderbar meistern, ohne das an die große Glocke zu hängen.

Berliner Morgenpost: Und ein Single-Mann mit Kind?

Hera Lind: Der wird dafür fast heilig gesprochen.

Berliner Morgenpost: Wieso das denn?

Hera Lind: Weil wir Frauen oft mit zweierlei Maß messen, das ist einfach so. Ich denke, das ist immer noch in unseren Köpfen drin: Der Mann ist der Jäger und Sammler - wenn der in der häuslichen Höhle verweilt und sich gar mal um den Nachwuchs kümmert, ist das reiner Edelmut. Das wird viele Generationen lang noch so bleiben.

Berliner Morgenpost: Verantwortung fürs Kind zu übernehmen - handhaben das Männer und Frauen unterschiedlich?

Hera Lind: Ich weiß nur, dass Frauen das stillschweigend tun, und Männer sich schon feiern lassen, wenn sie mal zum Elternabend gehen oder in der Kita ein Amt übernehmen.

Berliner Morgenpost: In Berlin ist das aber so nicht zu beobachten.

Hera Lind: Das lässt ja noch hoffen. Das liegt sicherlich daran, dass Berlin eine Weltstadt ist und sich gesellschaftliche Strömungen dort leichter vermengen.

Berliner Morgenpost: Hier ist das durchaus üblich, als Vater Engagement zu zeigen.

Hera Lind: Na ja, vielleicht im ersten Schuljahr - aber machen Sie das mal 13 Schuljahre lang. Täuschen Sie sich nicht: Am Ende sitzen wieder nur noch die Mütter in den Versammlungen.

Berliner Morgenpost: Abschließend gefragt, weil dieses Thema der rote Faden ihrer Romane ist: Passen Männer und Frauen überhaupt zusammen, Frau Lind?

Hera Lind: (lacht) Grundsätzlich würde ich das nicht behaupten. Aber es gibt durchaus mitunter Ausnahmen. . . mit viel Glück und viel Arbeit passen einige Männer und einige Frauen am Ende ja irgendwie doch zusammen.