Große Pädagogen, Teil 2

Pestalozzi: Hilfe zur Selbsthilfe

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Der Schweizer entwickelte ein ganzheitliches Lernkonzept. Seine Ideen erscheinen auch heute, 200 Jahre später, modern

Im schweizerischen Schloss Yverdon herrschten vor gut 200 Jahren Zustände, die vielen Eltern noch heute paradiesisch vorkommen. Die Schüler erarbeiten sich den Großteil des Unterrichtsstoffs im Gruppenunterricht, elterliche Kritik war ausdrücklich erwünscht, Zensuren und Zeugnisse gab es nicht.

Die Unterrichtsmethode geht zurück auf den Schweizer Johann Heinrich Pestalozzi, den Gründer der Pädagogik. Er war der erste, der sich mit Lernkonzepten beschäftigte.

Pestalozzi, geboren 1746 in Zürich, hatte keine glückliche Kindheit. Vier seiner sechs Geschwister starben früh, ebenso sein Vater. Die Familie geriet unter finanziellen Druck. Die Mutter, überängstlich durch die Schicksalsschläge, ließ den Jungen nicht auf der Straße spielen. Zuhause langweilte er sich, konnte nicht stillsitzen. Später setzte er sich für eine ganzheitliche Erziehung ein, bei der die intellektuellen Fähigkeiten des Kindes genauso angesprochen werden wie die motorischen.

Als Student entwickelte Pestalozzi eine tiefe Verehrung für die Werke Jean-Jaques Rousseaus, die voller Zivilisationskritik und Bewunderung für die Natur steckten. Er beschloss Landwirt zu werden, auch weil er hoffte, so seine Frau und seinen Sohn ernähren zu können. Doch erst nachdem er seinen Hof in eine so genannte Armenanstalt umgewandelt hatte, fand er seine Berufung. Er nahm mittellose Kinder und Jugendliche auf, um sie auf ein Leben vorzubereiten, in dem sie sich aus eigener Kraft der Armut entwachsen konnten. Die Jungen und Mädchen arbeiteten auf dem Feld oder in einer Spinnerei, während ihrer Schulstunden wurden sie von Pestalozzi im Lesen und Schreiben unterrichtet. Nach diesen pädagogischen Erfahrungen entschied er sich im Alter von 53 Jahren, Lehrer zu werden. 1804 zog sein Institut nach Yverdon, sein Schaffen erreichte seinen Höhepunkt.

Pestalozzis Einfluss reicht bis heute. Im Pestalozzi-Fröbel-Haus in Schöneberg, der Fachschule für Sozialpädagogik, werden seit Jahrzehnten Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet. Als Grundprinzipien nennt die Fachschule Ganzheitlichkeit, Hilfe zur Selbsthilfe und Werteorientierung - und folgt damit noch heute den Ideen des großen Pädagogen.

( schie )