Oft unterschätzt: Unfallgefahr in Haus und Garten

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Wolf-Rüdiger Neurath

Gefahren lauern für Kinder vor allem im Haushalt: Aus Zimmertüren herausfallende Glasscheiben wirken wie Fallbeile, die Treppe kann zum halsbrecherischen Abgrund und der Gartenteich zur tödlichen Falle werden. Jährlich brauchen in Deutschland über drei Millionen Kinder nach Unfällen ärztliche Hilfe. Die meisten von ihnen verunglücken nicht im Straßenverkehr, sondern zu Hause. «Mit rund 1,3 Millionen Kinderunfällen liegt der Haushaltsunfall auf Platz eins der traurigen Rangfolge, Verkehrsunfälle rangieren mit 40 000 verletzten Kindern erst auf dem fünften Platz», sagt Herbert Schraps von der Initiative Deutscher Kinderförderverein.

Höchste Vorsicht ist überall geboten, wo es abwärts geht. Säuglinge stürzen in unbeaufsichtigten Momenten vom Wickeltisch, Kleinkinder vom Balkon oder aus dem Fenster. An zweiter Stellen der Unfallstatistik folgen bei Kindern bis zu fünf Jahren Verbrennungen, beispielsweise am Küchenherd oder am Gartengrill. Hinzu kommen 60 000 Vergiftungsunfälle, da Kinder die oft bunten Medikamente oder Reinigungsmittel schlucken.

Kinder sind grundsätzlich neugierig, sagt Jörg Schriever vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Sie können Gefahrenquellen nicht erkennen. Erst ab dem sechsten Lebensjahr entwickeln sie ein Bewusstsein für gefährliche Situationen und erst vier Jahre später können sie ihrem Schutz dienende Sicherheitsvorkehrungen - wenn auch nur ansatzweise - verstehen.

Hinzu kommt, dass Eltern ihren Söhnen und Töchtern oft ein schlechtes Vorbild bieten, wenn sie beispielsweise auf einem wackligen Stuhl herumturnen, statt sich eine Leiter zu holen. «Kinder ahmen Erwachsene nach», warnte ein Unfall-Experte des Deutschen Roten Kreuzes. «Deshalb muss ihnen ein sicheres Leben vorgelebt werden», fügte er hinzu.

Kinderunglücke in der Wohnung sind keine Zufälle. «Sie lassen sich in über 60 Prozent der Fälle vermeiden, wenn die Eltern die Gefahren im Vorfeld richtig erkennen und teilweise simple Schutzmaßnahmen ergreifen würden», betont Schriever. Das können Gitter an Treppenabgängen, Gurte bei Hochstühlen und im Kinderwagen, Fenstersicherungen und Herdgitter sein, erläutert Beatrice Ruckstuhl von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu).

Besondere Achtung verdienen im Sommer auch die Außenbereiche. Selbst flache Teiche und seichte Feuchtbiotope können für kleine Kinder zur tödlichen Gefahr werden. Das Deutsche Kuratorium für Sicherheit in Heim und Freizeit weist deshalb darauf hin, dass schon bei der Planung von Gartenteichen auf diese Gefahren geachtet werden sollte. Beim Froschteich wie beim einfachen, aufblasbaren Plantschbecken gelte: «Egal, wie wenig Wasser drin ist, Kinder sollten nie ohne Aufsicht am und im Wasser spielen!» Schutz vor dem Ertrinken böten natürliche Barrieren wie Buchsbaum- oder Rosenhecken. Landschaftsgerecht eingebundene Wälle und Tore seien eine weitere, zudem optisch reizvolle Sicherung.

«Sinnvoll sind auch reißfeste Netze und Baustahlmatten, die wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche fest verankert werden.» Dafür wirkten sie umso besser, wenn Kinder ins Wasser fallen. «Die Kleinen werden dann zwar nass, gehen aber nicht unter.» Aber Achtung: Kinder unter drei Jahren könnten sich auch auf Baustahlmatten und Netzen nicht hochstützen. Sie brauchen immer Aufsicht. Und schließlich: Auch der Teich in Nachbars Garten kann Gefahren bergen, daher sollten Tore und Durchgänge so gesichert sein, dass sie von kleinen Kindern nicht geöffnet oder überklettert werden können. Zur «Unfallprophylaxe im Kleinkinderhaushalt» hat Schraps eine spezielle Checkliste erarbeitet, nachzulesen im Internet (siehe auch Grafik). ddp/AP

www.schraps.dewww.das-sichere-haus.de