Es klingt nach einem ungleichen Kampf mit vorhersehbarem Ergebnis: Der 23 Jahre alte Max Koziolek will als Direktkandidat für die FDP in den Bundestag – und tritt dafür in demselben Brandenburger Wahlkreis an wie der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Der hatte den Wahlkreis 60, der das Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und die Stadt Brandenburg/Havel umfasst, 2009 haushoch gewonnen. Und niemand zweifelt daran, dass Steinmeier, der auch märkischer Spitzenkandidat ist, das wieder schafft.
Sieger bei „Jugend debattiert“
Doch wer seinen Herausforderer kennenlernt, merkt schnell, dass der smarte Jurastudent mehr ist als ein Statist. „Vielleicht ist mein Mangel an Erfahrungen im Politikbetrieb ganz hilfreich, und den Leuten gefällt ein junges Gesicht, das nicht mit den üblichen Floskeln kommt“, kokettiert der gebürtige Berliner, der seit 2009 an der Frankfurter Europa-Universität Viadrina studiert. Für die Hochschule an der deutsch-polnischen Grenze habe er sich bewusst entschieden, wie Koziolek sagt. Mit hervorragendem Abi-Durchschnitt hätte er sich auch eine renommiertere Uni aussuchen können. Er aber wählte die Viadrina, die in Hochschul-Rankings gut wegkommt und deren „familiäre Atmosphäre“ der junge Brandenburger ebenso schätzen gelernt hat wie die Nähe zu Polen.
An der Viadrina hat sich Koziolek, der in Frankfurt in einer Studenten-WG lebt und seine Polnischkenntnisse kürzlich bei einem Praktikum in einer Warschauer Kanzlei vervollkommnet hat, auch politisch engagiert – unter anderem im Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) und im Studentenparlament. Ganz unbeleckt in Sachen Politik ist der groß gewachsene, sportliche Dunkelhaarige also nicht. Im Jahr 2006 wurde er Landessieger im Schülerwettbewerb „Jugend debattiert“, für ihn eine „Initialzündung“, wie er sagt: „Um mich darauf vorzubereiten, musste ich mich viel mit Politik beschäftigen.“ Bei den Debatten merkte er, dass ihm die Positionen der FDP lagen, die Liberalen in seinen Augen gute Argumente lieferten.
Es folgte ein Bundestagspraktikum bei der FDP. Seit 2008 ist er Mitglied, und seit der Kommunalwahl sitzt Koziolek für die Partei im Stadtparlament von Falkensee, wo er aufwuchs. „Das war kein Zwang, sondern eine logische Folge“, sagt er, der seit drei Jahren auch Mitglied im Brandenburger FDP-Landesvorstand ist. Dass er zwischen der Kommunalpolitik in Falkensee und dem Studium in Frankfurt pendeln muss, macht ihm nichts aus. „Die Draufsicht mit räumlichem Abstand ist sehr hilfreich“, sagt er. Dass er im Bundestagswahlkampf gegen Steinmeier keine Chance haben wird, ist auch Koziolek bewusst: „Ich mache mir da keinerlei Illusionen, will den Wahlkampf aber nutzen, um liberale Politik zu erklären.“
So eine Direktkandidatur ist mit viel Arbeit verbunden, weiß der 23-Jährige, der mit seinem Zwillingsbruder bei der alleinerziehenden Mutter, einer Lehrerin, aufgewachsen ist. „Du musst Gesicht und Präsenz zeigen, mit den Leuten ins Gespräch kommen, weil über den persönlichen Kontakt viel zu erreichen ist.“ Die seiner Ansicht nach ungerechten GEZ-Gebühren sind eines seiner Themen. „Wenn dort nicht reformiert wird, kann es irgendwann fürchterlich knallen.“ Ein anderes Thema ist der Datenschutz im Internet. Damit hat er sich bereits wissenschaftlich im Rahmen seines Studiums befasst. „Gerade mit Blick auf den demografischen Wandel kann ich die Interessen der jüngeren Generation in die Politik einfließen lassen“, so Koziolek.
Aussichtsreicher Listenplatz
Nicht Erfahrung sei ausschlaggebend, sondern, die Menschen mit Argumenten zu überzeugen, glaubt er. Auf verbale Auseinandersetzungen mit dem Ex-Außenminister freut er sich schon. „Gegen Peer Steinbrück wäre es deutlich einfacher. Der lässt ja kein Fettnäpfchen aus“, sagt ein selbstsicherer Koziolek, für den Steinmeier der eigentliche SPD-Spitzenkandidat ist. Auch wenn er in diesem Duell wohl den Kürzeren ziehen wird – in den Bundestag kommt er möglicherweise trotzdem, als dann jüngster Abgeordneter. Steht er doch auf einem aussichtsreichen zweiten Listenplatz der Brandenburger FDP. Wenn die Liberalen im Land an die sieben Prozent holen, könnte es für ihn reichen. Berufspolitiker will Koziolek aber nicht werden, das mache „zu abhängig“. Nach der Wahl will er sich auf das Staatsexamen im Frühjahr konzentrieren.