- Schon wieder sind auf einer Frühgeborenenstation meldungspflichtige Keime nachgewiesen worden. Im Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann sind acht Frühchen betroffen. Das teilte das brandenburgische Gesundheitsministerium am Montagnachmittag mit. Es handele sich jedoch nicht um Keime wie am Campus Virchow-Klinikum der Charité in Berlin. Bei den acht Potsdamer Babys am Bergmann-Klinikum wurde nach Auskunft der ärztlichen Direktorin Dr. Ortrud Vargas Hein ein Enterobakterium festgestellt.
Das ist ein Darmkeim, der gut behandelt werden kann. "Entdeckt wurde der Keim erstmals Ende Oktober bei einer Routineuntersuchung", sagte die Ärztin am Montag der Berliner Morgenpost. Bei der Kontrolle seien wie stets Abstriche von der Schleimhaut der Babys entnommen worden. Die Keime seien allerdings nicht alle an einem Tag, sondern innerhalb von anderthalb Wochen bei den acht Kindern festgestellt worden. Auf der Frühgeborenenstation am Potsdamer Bergmann-Klinikum gibt es 16 Betten. Derzeit befinden sich den Klinikangaben zufolge noch sechs betroffene Frühchen im Klinikum. Zwei der Säuglinge sind den Angaben zufolge inzwischen zu Hause. Bei den acht Babys sei eine Besiedlung der Körperoberfläche festgestellt worden. Keines zeigte bislang Symptome, betonte die Ärztin. Bei zwei weiteren wurden Infektionen mit Antibiotika behandelt. "Allerdings ist deren Ursache nicht auf den Keim zurückzuführen." Die anderen vier Kinder zeigen keine Anzeichen einer Infektion. "Wir haben die Kinder sofort isoliert und das zuständige Gesundheitsamt in Potsdam informiert", sagte Dr. Vargas Hein. Dieses schaltete das Gesundheitsministerium ein. Die Eltern seien ebenfalls sofort in Kenntnis gesetzt worden. Die Frühchen wurden alle in einem Raum untergebracht. Dort gelten nun noch strengere Hygienemaßnahmen. "Die Eltern durften sie aber besuchen", sagte die Ärztin. Es habe eine sehr gute Kommunikation gegeben, die Aufregung sei daher nicht sehr groß gewesen. An sich sind solche Darmkeime, wie sie bei den Potsdamer Babys entdeckt wurden, nicht gefährlich. Der Mensch trägt sie in sich. Doch ein Frühchen verfügt über ein sehr schwaches Immunsystem.
Wie sich die Darmkeime auf der Frühgeborenenstation ausbreiten konnten, ist noch nicht geklärt. Eingeschleust werden solche Keime von den Eltern, Ärzten, dem Pflegepersonal oder Besuchern der Kliniken. Die Erreger können an Türgriffen oder Händen zu finden sein.
"Wir überprüfen derzeit die Möglichkeiten der Übertragung", so Vargas Hein. Am Montag besichtigten Hygieneexperten des Gesundheitsministeriums und des Potsdamer Gesundheitsamtes die Station.
Öffentlichkeit erst spät informiert
Das Ministerium teilte anschließend mit, die Klinik habe die nötigen Hygienevorschriften eingehalten. Die betroffenen Kinder isoliert und der Keim typisiert worden. Weshalb die Öffentlichkeit so spät informiert wurde, darauf gab es am Montag keine Antwort. "Wir haben uns zusammen mit dem Gesundheitsamt und dem Ministerium darauf verständigt, heute an die Öffentlichkeit zu gehen", sagte die Ärztliche Direktorin. Solche Darmkeime würden immer wieder einmal bei den regelmäßigen Routine-Untersuchungen festgestellt. "Bislang waren sie in diesem Jahr aber nicht vermehrt aufgetreten."
Seit dem Auftreten von Keimen auf der Frühchenstation im Berliner Virchow-Klinikum ist die Öffentlichkeit alarmiert. Dort war es zu einem Ausbruch von Serratienkeimen gekommen. Zwei Stationen waren betroffen. Bis zum gestrigen Montag mussten noch Kinder behandelt werden, die mit dieser Art der Keime infiziert wurden. Wie die Charité mitteilte, war die Situation auf den beiden betroffenen neonatologischen Stationen am Campus Virchow-Klinikum unverändert. Derzeit seien noch sechs Kinder mit initialinvasiver Serratien-Infektion in Behandlung sowie weitere sechs Kinder mit dem Nachweis einer Serratien-Besiedlung unter Beobachtung.
Nach Angaben einer Sprecherin sind keine neuen Fälle aufgetreten. Der Grund für den massenhaften Ausbruch in Berlin ist bis heute ungeklärt. Zwar wurden auf medizinischen Geräten Keime gefunden. Wieso es aber zu einer Ausbreitung über zwei Stationen kam, ist unklar. Experten der Charité und des Robert-Koch-Instituts suchen nach den Ursachen. Möglicherweise wird sie aber nicht gefunden. Etwa in der Hälfte solcher meldepflichtigen Keimvorfälle ist das der Fall.
Vor Berlin hatte Bremen im Zusammenhang mit gefährlichen Keimen Schlagzeilen gemacht. Seit vorigem Jahr sind dort mehrere Frühchen an den Folgen von Infektionen mit multiresistenten Klebsiella-Bakterien erkrankt, drei starben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen fahrlässiger Tötung gegen den ehemaligen Chefarzt der Frühchenstation. Der Landtag setzte einen Untersuchungsausschuss ein.