Wie am Freitag bekannt geworden war, geht die Deutsche Flugsicherung (DFS) davon aus, dass es nach Eröffnung des neuen Flughafens in Schönefeld erheblich mehr Flugbewegungen geben wird als bislang bekannt. Grundlage für den "Prognoseflugplan 2012" sind die Anmeldungen der Gesellschaften für sogenannte Slots - also Zeitfenster für die An- und Abflüge ihrer Maschinen. Demnach würde allein die sogenannte Wannsee-Route, die bei Westwind von mittelgroßen Maschinen wie dem Airbus A 320 genutzt werden soll, täglich von bis zu 83 Flugzeugen geflogen werden. In allen bisherigen Veröffentlichungen hatte die DFS höchstens 48 Überflüge über den Wannsee eingezeichnet. Das reale Flugaufkommen nach der für den 3. Juni vorgesehenen BER-Eröffnung läge damit 73 Prozent über dem Niveau, das Grundlage für die Ende Januar vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung verkündeten Flugrouten war.
Lärmbelastung im Südwesten wächst
Das prognostizierte Wachstum im Flugverkehr von und nach Schönefeld könnte vor allem die Lärmbelastung für den Berliner Südwesten und die brandenburgischen Gemeinden Kleinmachnow, Stahnsdorf und die Stadt Teltow deutlich erhöhen. Entsprechend empört zeigten sich die Bürgermeister der betroffenen Kommunen über diese Entwicklung. "Es spottet jeder Beschreibung, wie man hier offensichtlich mit uns umzugehen gedenkt", sagte etwa Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD). "Es reicht", fügte sein Stahnsdorfer Amtskollege Bernd Albers (Bürger für Bürger) hinzu. Markus Peichl vom länderübergreifenden Bündnis gegen neue Flugrouten warnte zudem vor zusätzlichen Sicherheitsrisiken. Mit der stärkeren Nutzung der Wannsee-Route würde sich auch das Gefahrenpotenzial für den Forschungsreaktor am Helmholtz-Zentrum erhöhen.
Protest gibt es ebenfalls von der Bürgerinitiative "Keine Flugrouten über Berlin". Mit der jetzt bekannt gewordenen Zunahme der Überflüge auf über 80 pro Tag sei "die Grenze des Erträglichen weit überschritten". Die BI forderte die DFS auf, angesichts des stärkeren Flugverkehrs sowohl die Flugroute über den Wannsee als auch die über den Müggelsee im Südosten Berlins zu verlegen, um die Naherholungsgebiete besser zu schützen. "Die beiden wichtigsten Naherholungsgebiete Berlins werden sonst ab Juli dieses Jahres durch Fluglärm und -dreck unwiederbringlich geschädigt und langfristig sogar zerstört", warnt die Bürgerinitiative.
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, hat sich unterdessen erneut für ein längeres Nachtflugverbot am neuen Großflughafen ausgesprochen. Wer nachts Fluglärm ausgesetzt sei, bekomme nach Untersuchungen seines Amtes häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen. "An stadtnahen Flughäfen hat die Lärmbelastung eine Dimension, die man nicht mehr nur als ,na ja, da wird man sich schon dran gewöhnen' abtun kann", sagte Flasbarth am Sonnabend dem Südwestrundfunk (SWR). Die Bedeutung des Fluglärms sei "lange unterschätzt worden". Flasbarth forderte daher, die Nachtruhe am neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg auszuweiten.
Ungestörte Nachtruhe nur bis 5 Uhr
Ein striktes Nachtflugverbot von 0 bis 5 Uhr wird am neuen Flughafen in Schönefeld im Unterschied zum bisherigen Status weitgehend ohne größere Beschränkungen gelten. Die Anzahl der Flüge in sogenannten Randzeiten von 22 bis 24 Uhr sowie 5 bis 6 Uhr ist begrenzt. Alle Versuche von Fluglärm-Gegnern, diese Regelung vor Gericht zu kippen und ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr durchzusetzen, sind bisher gescheitert.