Storkow - «Wir wollen hier nicht raus, um keinen Preis», sagt Regina Kolbe, die mit ihrem Mann seit acht Jahren in der Drei-Zimmer-Wohnung in der Kurt-Fischer-Straße 32 in Storkow (Oder-Spree) wohnt. Warum auch? Unverbauter Blick vom Balkon auf den Wald, der neue Vermieter setzt das Haus instand, die Miete steigt dafür nur um 15 Euro pro Monat.
Ein Platten-Idyll, wäre da nicht die Stadt Storkow, der das Gebäude ein Dorn im Auge ist und die es abreißen will, um die leerstehenden städtischen «Platten» zwei Blocks weiter mit den Mietern aus der Kurt-Fischer-Straße aufzufüllen. Denen werden bereits städtische Wohnungen zum gleichen Preis angeboten, obwohl der sonst um knapp ein Drittel höher liegt. Doch die Leute wollen davon nichts wissen. «Mehr Verkehrslärm und Blick auf die Straße - für uns keine Alternative», stellt die resolute Dame klar.
Auch der aus Schwaben stammende Berliner Investor Thomas Brüstle, der das Haus - so glaubte er jedenfalls - am 13. Juni diesen Jahres vom Bundesvermögensamt rechtskräftig erworben hatte, will nicht klein beigeben. Er, der für Kauf und Sanierung des 1986 errichteten Plattenbaus 500 000 Euro investieren will, fühlt sich von der Stadtverwaltung, namentlich Amtsdirektor Karl-Heinz Alert, Bürgermeisterin Christina Gericke (PDS) und Bauamtsleiter Manfred Filor, hintergangen.
Sie sollen eine Vorkaufsrecht-Satzung der Stadt für Grundstück und Gebäude rückdatiert haben, nachdem die «Platte» vom Bundesvermögensamt Vermieter Brüstle schon verkauft worden war. Gegen Alert und Gericke ermittelt deshalb seit Ende Oktober die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Verdachts der Urkundenfälschung im Amt, gegen Amtsleiter Filor wegen Beihilfe.
Stutzig macht die Ermittler vor allem, dass die Satzung zwar schon am 30. Mai diesen Jahres von Alert und Gericke ausgefertigt worden sein soll, aber erstmalig in der Juli-Ausgabe des Storkower Amtsblattes auftauchte und auch erst Anfang September von den Stadtverordneten abgesegnet wurde; jedenfalls lange nach dem Verkauf an Brüstle. Dies wäre ein Verstoß gegen die Brandenburger Gemeindeordnung, wonach Bekanntgabe und Abstimmung «unverzüglich» erfolgen müssen.
Amtsdirektor Alert kontert lapidar: «Für die Juni-Sitzung kam die Satzung zu spät, im Juli waren schon einige in Urlaub, im August waren Ferien.» Brüstles Rechtsanwalt Thomas Nick sagt dagegen: «Die Stadt hat erst reagiert, als sie von uns über den Kauf informiert wurde.» Tatsächlich sei die Satzung laut Nick erst nach dem 13. Juni ausgefertigt worden und anschließend auf den 30. Mai rückdatiert worden. «Sie wäre sonst unwirksam.»
«Wir sind aus allen Wolken gefallen», sagt Investor Brüstle; ihm und dem Bundesvermögensamt sei von Alert erst Ende Juli mitgeteilt worden, dass die Stadt nun doch kaufen wolle. Noch Monate zuvor hätte sie abgewinkt, das Angebot von Brüstle sei ihr zu hoch. Bundesvermögensamts-Vorsteher Christian Zens sagt dazu: «Seitdem gab es kein Signal, dass die Stadt noch Interesse haben könnte.» Sonst hätte man an Brüstle ja nicht verkauft.