Potsdam - Ein Netz von Blickbezügen zu und aus Gartenanlagen, Schlössern, romantisierenden Architekturen und in nahezu unendliche Raumfolgen bietet in der Potsdamer Kulturlandschaft immer wieder spektakuläre Erlebnisse. Was Gartenkünstler wie Peter Joseph Lenné, Fürst Hermann Pückler-Muskau sowie die Architekten Karl Friedrich Schinkel, Ludwig Persius, Ludwig Ferdinand Hesse und Friedrich August Stüler schufen, nötigt uns heute große Achtung ab.
Die berühmten Sichtachsen waren nichts Spleeniges, sondern entsprangen dem Streben nach einer harmonischen Ganzheit aus Schönheit, Nützlichem und Gemeinnützigem. Erhebungen in und um Potsdam-Sanssouci erhielten Belvederes, Aussichtstürme, die dieses Gesamtkunstwerk aus höherer Warte genießen lassen.
Nachdem das Mäzenatentum von Versandhausgründer Werner Otto seit vergangenem Jahr den Aufstieg zum Westturm des Belvederes auf dem Pfingstberg ermöglicht und ebenfalls der Normannische Turm auf dem Ruinenberg wieder fantastische Aussichten bietet, erfüllt sich am 14. September ein weiterer Traum. Dann soll der letzte Schlossbau Friedrichs II. im Park von Sanssouci, das Belvedere auf dem Klausberg, neu eröffnet werden.
Friedrich war von einem alten Kupferstich vom römischen Macellum Magnum des Kaisers Nero so angetan gewesen, dass der Architekt Georg Christian Unger es ihm nachbauen musste. Der König mischte zudem die römische Antike mit barocken Vorstellungen. Seit Kriegsende war das 1772 fertiggestellte Klausberg-Belvedere eine Ruine. 1990 begann die Rekonstruktion - das teuerste privat finanzierte Denkmalschutzprojekt Deutschlands. Geldgeberin ist die Münchner Messerschmitt Stiftung. Die komplizierte Sanierung zog sich seitdem hin und verschlang sieben Millionen Euro. «Die Restaurierung war schwieriger, als wir in unserem Enthusiasmus damals dachten», erzählt Hans Heinrich von Srbik von der Messerschmitt Stiftung, «manchmal hat dabei auch die Euphorie gelitten.»
Derzeit arbeiten die Restauratoren an der Fertigstellung des 160 Quadratmeter großen Kuppelgemäldes. Ursprünglich wollte die Messerschmitt Stiftung nur das Äußere des Belvederes sanieren. Auf Bitten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten entschied man sich jedoch auch für die Rekonstruktion des oberen Saales und kaufte den Jaspis für den unteren Saal. Während im oberen Saal eine Ausstellung über die Geschichte und Restaurierung des Bauwerkes gezeigt werden wird, bleibt der untere Saal vorerst Fragment. Von Srbik wünscht sich, dass der obere Saal für Empfänge oder Vorträge auch vermietet werden kann. Vorsorglich wurden eine kleine Küche und Sanitäranlagen eingebaut.
Obwohl die Fassade erst vor einigen Jahren mit einem hellen Kalkanstrich versehen wurde, zeigen sich bereits dunkle Stellen. Ein späterer Neuanstrich soll, so der verantwortliche Architekt Uli Böhme, die durch jahrzehntelange Salzeinträge herbeigeführten unansehnlichen Verunreinigungen beseitigen.
Eine anderer historischer Aussichtspunkt ist der Normannische Turm auf dem Ruinenberg im Park Sanssouci. Er ermöglicht den Blick auf Potsdam, Bornstedt, Bornim und das Gelände des Buga-Parks, erfasst ein Panorama, das vom Schlösschen auf der Pfaueninsel bis zur Wilhelmshöhe bei Werder reicht.
Dieser einzigartige Ausblick war schon Knobelsdorff und Friedrich dem Großen bekannt. Knapp 47 Meter über dem Wasserstand der Havel ließ Friedrich 1748 die bewusst künstliche wirkende Ruinenkulisse gestalten. Friedrich hatte damals bereits eine hölzerne Aussichtsplattform errichten lassen, die aber später zerfiel. Friedrich Wilhelm IV. ließ dann in seinem umfassenden Parkprojekt einen mittelalterlichen Wachturm errichten, für den Ludwig Persius am Neujahrstag 1845 die endgültigen Entwürfe vorgelegt hatte. Nach dem Tod von Persius wurde der knapp 23 Meter hohe Turm 1846 unter Leitung von Ferdinand von Arnim erbaut.
Pfingstberg - Klausberg - Ruinenberg: drei Belvederes, ein Gesamtkunstwerk.