Toter Säugling in der Toilette: Waren Drogen im Spiel?

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Volker Kring

Stölln - Es ist unfassbar: Während 10 000 Techno-Jünger beim Shiva-Moon-Festival auf dem Flugplatz in Stölln (Havelland) fröhlich tanzen, bringt eine Mutter ihr Kind in einem mobilen Toilettenhäuschen am Rande der Riesenfete zur Welt. Der Säugling ertrinkt darin. Das hat jetzt die Obduktion der Leiche ergeben. Von der Mutter fehlt jede Spur.

«Das Neugeborene war ein lebensfähiges Siebenmonatskind, das nach der Geburt noch geatmet hat», sagte gestern Dieter Plath von der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Viel spreche nach den ersten Ermittlungen dafür, dass das Kind direkt in die Toilette geboren wurde. Hinweise darauf, dass die Mutter versucht hat, ihren Säugling zu retten, gibt es bisher jedoch nicht.

«Wir ermitteln deshalb zunächst wegen des Verdachts der vorsätzlichen Tötung», erklärte Plath. Angesichts der Tatsache, dass der Säugling ein Siebenmonatskind war, hält es die Staatsanwaltschaft aber auch für möglich, dass kein Vorsatz vorlag und die Mutter vielleicht mit der plötzlichen Geburt überfordert war. Ob bei der Geburt am Rande des Techno-Festivals Drogen im Spiel waren, wie Experten vermuten, konnte noch nicht bestätigt werden. «Die bei der Obduktion entnommenen Proben werden noch analysiert», so der Staatsanwalt.

Auf die Frühgeburt dürfte eventueller Drogenkonsum der Mutter allerdings keinen direkten Einfluss gehabt haben. Die gängigen Party-Drogen lösen keine Wehen aus, sagte gestern der Direktor der Klinik für Geburtsmedizin der Charité, Joachim Dudenhausen. «Die illegalen Drogen haben nur eine schmerzstillende Wirkung», so der Mediziner. Zu exzessive Bewegung - etwa beim Tanzen - in Folge der Einnahme könne allerdings eine Frühgeburt auslösen, so ein Kollege Dudenhausens. Dass die Mutter unter Drogeneinfluss von der Geburt nichts bemerkt haben könnte, kann er sich allerdings nicht vorstellen. «Wir betreuen viele drogenabhängige Mütter. Dass aber eine von der Geburt nichts mitbekommen hat, ist mir noch nie begegnet», so der Chefarzt.

Im Fall Stölln hält Dudenhausen eine so genannte verdrängte Schwangerschaft für möglich. Die Mutter habe ihre Schwangerschaft wahrscheinlich nicht wahrnehmen wollen. Als dann plötzlich das Kind kam, konnte sie auf die Situation nicht rational reagieren, vermutet der Arzt.

Zu weiteren Ergebnissen der Obduktion wollte die Staatsanwaltschaft gestern aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen. So ist bisher nicht bekannt, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen gehandelt hat. Auch der Todeszeitpunkt ist noch unklar. Eine Frau hatte das tote Kind am frühen Sonntagvormittag gefunden und sofort die Polizei alarmiert.

Angesichts der großen Zahl von Besuchern der Techno-Party gestalteten sich die ersten Ermittlungen vor Ort äußerst schwierig. «Wir haben dennoch in großem Umfang Personalien aufnehmen können. Das wird uns die Fortführung der Ermittlungen ermöglichen», zeigte sich ein Sprecher zuversichtlich. Eine erste Spurensuche mit Hunden blieb allerdings ohne Erfolg. Auch Fragen nach der Mutter in umliegenden Krankenhäusern führten auf keine Spur.