Mit Blaulicht ins Nachbarland

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Jürgen Mundt

Zielona Gora/Gorzow - Ministerpräsident und nicht mehr Oberbürgermeister von Potsdam zu sein hat für Matthias Platzeck zumindest einen Vorteil: Seine Limousine darf mit gemessenem Tempo am Stau vorbei über die Grenze fahren. Wartezeiten waren einmal. Im Gegensatz zum Kommunalfürsten hatte er bei seiner ersten Auslandsreise gestern nach Polen einen weiteren Verkehrsvorteil als Landesfürst: Auch auf polnischen Straßen pflügte ihm ein Polizeifahrzeug mit Blaulicht den Weg frei.

Platzeck war in die polnische Wojewodschaft Lubuskie (Lebuser Land) gereist. Dort hatte er weit erfreulichere Aufgaben als tags zuvor beim Besuch in Cottbus. Da musste er der Oberbürgermeisterin Karin Rätzel erklären, warum die Lausitzstadt nicht mehr in der höchsten Fördergruppe der Union sein wird, wenn das Nachbarland Polen einmal in der Europäischen Union ist. Hier in Polen konnte er seinen Kollegen darauf aufmerksam machen, wie es funktioniert, die Fördertöpfe in Brüssel sprudeln zu lassen. Der verzeichnete es dankbar. Dass des Ministerpräsidenten erste Reise mit Ziel außerhalb des eigenen Bundeslandes nach Polen führt, ist kein Zufall: Das Nachbarland spielt in der märkischen Außenpolitik die erste Geige. Noch vor den angrenzenden Bundesländern.

Seinen Auftritt in Polen absolvierte Platzeck mit der gewohnten Souveränität, und er begleitete ihn mit den üblichen präsidentiellen Worten, darüber, wie wichtig dieser Nachbar ist und wie gut die Zusammenarbeit sei. Brandenburg und Lubuskie wollen eine gemeinsame Planungsgruppe bilden. Ziel ist, im künftig vereinten Europa ein schnelles Passieren der Grenze auch abseits der großen Transitstrecken und ohne Blaulicht zu ermöglichen. Darauf verständigte sich Platzeck gestern in Gorzow (Landsberg) mit dem Wojewoden von Lubuskie, Andrzej Korski.

Platzeck traf sich bereits am Donnerstagabend in dem südlich von Gorzow gelegenen Zielona Gora (Grünberg) mit dem Marschall der Wojewodschaft, Andrzej Bochenski. Der ist sozusagen das Gegenstück zum Ministerpräsidenten, während der Wojewode ein Beauftragter der Zentralregierung für das Lebuser Land ist. Um die Zukunft der Zusammenarbeit müsse beiden Seiten nicht Bange sein: «Die Chemie stimmt», sagte Platzeck nach ersten Gesprächen mit Bochenski. Das liege wohl auch daran, «dass wir beide ein Jahrgang sind», so Platzeck (48).

Gestern wurde der Kontakt offiziell im Museums- und Tagungsgebäude der 120 000-Einwohner-Stadt fortgeführt. Zwischen historischen Weinpressen und bleiverglasten Fenstern mit Motiven aus Polens einzigem Weinanbaugebiet ließ sich Platzeck von Marschall Bochenski über die Entwicklungsziele der Region informieren. Schwerpunkte sieht Bochenski u. a. in effizienten Verkehrssystemen und in einer leistungsstarken Selbstverwaltung. Gemeinsamkeiten mit Lubuskie macht Platzeck u. a. im Tourismus aus. Um den Kontakt enger zu gestalten, werde sich Brandenburgs Tourismus und Marketing GmbH bereits auf der nächsten Messe der Wojewodschaft präsentieren, kündigte der Ministerpräsident an.

Für Platzeck ist der berufliche Kontakt zu Polen kein Neuland. Bereits in seiner Zeit als Umweltminister habe es eine Reihe von gemeinsamen Projekten, so u. a. zum Schutz der Oder gegeben. Er sei in den vergangenen «vier Jahren aber aus dem Geschäft gewesen», umschreibt Platzeck seine Zeit als Potsdamer Oberbürgermeister. Um so erstaunlicher sei, welchen Sprung nach vorn die polnische Nachbarregion in dieser Zeit gemacht habe. Am 6. und 7. September kommen die Polen zum Gegenbesuch nach Potsdam.