Skandal um Kinderschänder

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Volker Kring

Potsdam - Bei Ermittlungen zum mutmaßlichen sexuellen Missbrauch von Kindern ist offenbar geschlampt worden. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) spricht angesichts der sich über acht Monate hinziehenden Untersuchungen sogar von einem Justizskandal. Bereits Anfang November 2001 war Peter B. wegen Kindesvergewaltigung angezeigt worden; aber erst seit Donnerstag sitzt er, der bereits mehrfach wegen des Missbrauchs von Minderjährigen vorbestraft ist, in Untersuchungshaft.

Der Potsdamer gehört zu einer Gruppe von fünf Männern, die im Verdacht stehen, sich über Monate hinweg an mehreren Kindern einer Potsdamer Familie vergangen und sie in einer Berliner Pädophilen-Bar regelmäßig an Freier vermittelt zu haben. Der 53-Jährige soll im Sommer 2001 den 13-jährigen Sohn der Familie in vier Fällen sexuell missbraucht und vergewaltigt haben. Das haben der 13-Jährige und sein 16 Jahre alter Bruder, der ebenfalls zu den Opfern der Kinderschänder gehörte, im November bei einer Familienrichterin ausgesagt.

Dass der 53-Jährige bislang überhaupt auf freiem Fuß bleiben konnte, verwundert bei möglichen Strafmaßen zwischen ein und 15 Jahren für schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (bei Vergewaltigung liegt die Mindeststrafe bei zwei Jahren). Immerhin soll B. bereits fünfmal einschlägig verurteilt worden sein.

Nach Aussagen der Potsdamer Staatsanwaltschaft, der gestern keine Informationen über die ersten Vorstrafen des mutmaßlichen Kinderschänders vorlagen, war B. zuletzt 1997 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilt worden. Das für einen Wiederholungstäter offenbar geringe Strafmaß begründete die Sprecherin der Staatsanwaltschaft damit, dass im Urteil jeweils der Einzelfall gewürdigt werde. Geschehe die Tat beispielsweise mit weniger Gewalt als die vorangegangene, müsse das Strafmaß bei der neuerlichen Verurteilung nicht zwangsläufig höher ausfallen als bei der Verurteilung zuvor. Außerdem sei B. in den Maßregelvollzug eingewiesen worden.

Zwei Jahre und zwei Monate wurde der Kinderschänder, dem schon damals ein Gutachten bescheinigte, dass er immer wieder versuchen werde, Kontakte zu männlichen Kindern und Jugendlichen aufzubauen und sie bei Gelegenheit zu missbrauchen, in der Landesklinik Teupitz behandelt. «Dann wurde er mit einer positiven Sozialprognose vorzeitig zur Bewährung entlassen», so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Eine folgenschwere Fehleinschätzung wie sich heute zeigt.

Unverständlich auch das: Ausgerechnet dieser vorbestrafte Kinderschänder Peter B. wurde 1996 vom Arbeitsamt als Hausmeister in ein Kinderheim vermittelt. Dort beging er die Straftaten, für die er ein Jahr später verurteilt wurde.