Potsdam - Knapp anderthalb Wochen nach der Amtsübergabe von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) an Matthias Platzeck nimmt die Unruhe in der Union deutlich zu. In der Bildungspolitik zeichnen sich harte Auseinandersetzungen zwischen SPD und CDU ab. «Wenn es in der Koalition knallt, dann wegen der Bildung», sorgt sich ein CDU-Mitglied. Aktueller Anlass: Im Bildungsausschuss überstimmte die SPD mit der PDS den Koalitionspartner.
Der Wahlkampf um das Thema Bildung heizt die Stimmung ohnehin auf. Doch nun setzte Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) gegen den Willen der Kirchen und der Union mit Hilfe der PDS eine Fußnote im Zeugnis durch: «Der Religionsunterricht wird in Verantwortung der Kirchen erteilt». Auch das novellierte Schulgesetz hatte das Regierungsbündnis nicht einheitlich verabschiedet: im Bildungsausschuss kam dafür aus der Reihe der SPD-Mitglieder die einzige Nein-Stimme in der großen Koalition.
Augenscheinlich ist die große Koalition völlig uneins, wie sie auf die schlechten Ergebnisse bei der Pisa-Studie reagieren soll. Die Union wirft Reiche Aktionismus und ein fehlendes Gesamtkonzept vor. Um Veränderungen durchzusetzen, müsse sich die SPD vom Einfluss der Bildungsideologen frei machen, sagt CDU-Landeschef Jörg Schönbohm. «Bildung ist zu wichtig, als dass sie allein den Bildungspolitikern überlassen werden darf», fordert CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek. Erforderlich sei die Mitarbeit der Ressorts Wirtschaft, Wissenschaft, Arbeit und Soziales.
Misstrauisch beäugt die Union die Gemeinsamkeiten zwischen SPD und PDS. Männer und Frauen der CDU sollen feuchte Augen bekommen haben, als ihnen Schönbohm auf dem Familien-Sommerfest des Kreisverbandes Teltow-Fläming mitteilte, dass Manfred Stolpe soeben seinen Rücktritt bekannt gegeben hat. Der 66-jährige galt bei der Union als der Garant für die große Koalition. Nur wenige Tage später schloss «der Neue» nach 2004 ein rot-rotes Bündnis nicht aus. «Platzeck muss das Vertrauen erst einmal gewinnen», sagt Schönbohm. «Da ist es nicht förderlich, sofort über ein mögliches rot-rotes Bündnis nach 2004 zu schwadronieren.»
Immerhin gelang es Platzeck gestern, den Koalitionspartner ein wenig zu beruhigen. Stolpe-Töne anschlagend, mahnte er bei seinem überschäumenden Bildungsminister Steffen Reiche «sachtes» Vorgehen an. Außerdem vertrat er anders als Reiche die Ansicht, dass Bildung Länderaufgabe bleiben müsse. Das fordert auch die CDU.