Potsdam - Mit den Worten «Ich bleibe Potsdamer» erwies Matthias Platzeck gestern seiner Vaterstadt die Referenz, und standing ovations waren ihm sicher. Zum Abschiedsempfang im Rathaus hatte er die Turnschuhe abgelegt, um - anders als bei seiner Vereidigung zum Ministerpräsidenten am Mittwoch im Landtag - in festem Schuhwerk und nicht in Turnschuhen vom Rathaus in Richtung Staatskanzlei zu ziehen. Nicht ohne Wehmut, aber mit einem guten Gefühl, wie Platzeck vor 500 Gästen sagte.
Denn das, was er unter dem Motto «Vielfalt, Schönheit, Toleranz und Optimismus» in der Stadt angeschoben habe, sei beim amtierenden Oberbürgermeister Jann Jakobs und SPD-Wunschkandidat für die Wahlen am 22. September «in guten Händen». In seinen knapp vier Amtsjahren habe er sich bei aller Kritik sowohl von den Mitarbeitern der Verwaltung, den Stadtverordneten als auch den Potsdamern immer gut behandelt gefühlt. «Um so mehr entschuldige ich mich gerade bei meinen engeren Mitarbeitern dafür, dass ich sie nicht in den Überraschungscoup eingeweiht habe», sagte der scheidende Oberbürgermeister.
Als Erfolg seiner Amtszeit wertete er, dass die «Meckerhauptstadt» Potsdam zum Mutmacher des Landes geworden sei. Diese Aufbruchstimmung habe sich auf Investoren ausgewirkt und in den vergangenen Jahren 20 000 Neu-Bürger vor allem aus Berlin und Westdeutschland in die Stadt gelockt. Der Verwaltung sei es gelungen, bei laufendem Geschäft und knappen Kassen die Buga als größte und erfolgreichste Potsdamer Veranstaltung auf die Beine zu stellen und gleichzeitig bei verbesserter Leistung einen Personalabbau von 600 Mitarbeitern im Zuge der Verwaltungsreform zu verkraften. Ebenfalls als Erfolg verbuchte er die Einführung eines modernen Verkehrssystems sowie die Umgestaltung der großen Plattenbaugebiete, die derzeit einen Vermietungsgrad von 98 bis 100 Prozent aufwiesen.
Hoffnungen seines designierten Nachfolgers und der Stadtverordnetenversammlung, als ehemaliger OB im Amt des Ministerpräsidenten Potsdam besonderes Augenmerk zu schenken - Stichwort Gemeindefinanzierung - , schwächte Platzeck ab: «Wunderdinge sind nicht zu erwarten. Es gibt Landesteile, die es wesentlich schwerer haben, und Potsdam ist nicht gerade ein Notstandsgebiet.» Den Wiederaufbau des Schlosses und eine Nutzung als Landtag hält Platzeck für vernünftig, doch müsse hier eine demokratische Entscheidung durch den Landtag herbeigeführt werden. Jann Jakobs appellierte an den Ministerpräsidenten, das Projekt auch in seinem neuen Amt nicht zu vernachlässigen.
Jakobs, der sich bereits als künftiger Oberbürgermeister der Stadt sieht, will Platzecks Politik fortschreiben. Schwerpunkt sei die Haushaltskonsolidierung. Einsparungen seien bei der Optimierung des Managements städtischer Liegenschaften zu erzielen. Abstriche bei der Anzahl der Kindertagesstättenplätze aber werde es mit ihm nicht geben.
Indes stellte nach der PDS mit Hans-Jürgen Scharfenberg gestern auch die CDU ihren Oberbürgermeisterkandidaten vor. Der 45-jährige Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes und Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch, der bereits 1998 kandidierte und 9,1 Prozent der Stimmen erhielt, steht nach eigenen Aussagen für das Amt bereit. «Ich werde Politik für Joop, Jauch und auch Erna Meier im Schlaatz machen», versprach Niekisch in Anspielung auf den Potsdamer Mix aus Prominentenvillen und Plattenbauten. Rückendeckung erhielt er gestern vom CDU-Landesvorsitzenden Jörg Schönbohm, der ihm im Fall der Wahl einen guten Draht in die Landesregierung vesprach. In Hinblick auf die Person Niekisch sagte Schönbohm: «Jann Jakobs irrt sich, wenn er glaubt, im Schlafwagen den Oberbürgermeistersessel zu erreichen.»