Ruft Berlin, weiß Platzeck nicht, ob er folgen soll

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Potsdam - Potsdams Oberbürgermeister und SPD-Landeschef Matthias Platzeck ist einer der prominentesten Politiker der neuen Länder. Die Spekulationen darüber, er könnte nach einem Wahlsieg in die Bundesregierung wechseln, wollen nicht verstummen. Gleichzeitig ist er in der Heimat von Problemen geplagt. Mit dem Kanzler-Freund sprach Gudrun Mallwitz.

Herr Platzeck, der SPD-Bundesparteitag am Sonntag soll Aufwärtsstimmung erzeugen. Mit welcher Botschaft?

Matthias Platzeck: Wir müssen deutlich machen, dass es sich auf genügend Fortschritte in der Regierungszeit Schröders aufbauen lässt: von der Infrastruktur bis hin zur Wissenschaft und Forschung im Osten. Die SPD hat vor allem unter Beweis gestellt, dass sie im Gegensatz zur Vorgängerregierung in der Lage ist, unbequeme Reformen wie Steuer- und Rentenreform anzupacken. Es ist nun wichtig, Zeichen wie beim Magdeburger Parteitag zu setzen, als die Ost-SPD zusammenstand und sich klar positionierte. So werden wir volle Lohnangleichung bis 2007 fordern, schon allein weil sie wirtschaftlich notwendig ist.

Die Zeit ist knapp, den Vorsprung von CDU und FDP aufzuholen . . .

Wenn wir einen geschlossenen und ehrlichen, aber auch zuversichtlichen Wahlkampf machen, kann uns die Trendwende gelingen.

Was wird Ihre Rolle im Bundestagswahlkampf sein?

Ich werde mit ganzer Kraft Wahlkampf machen, soweit dies meine Zeit als Oberbürgermeister, SPD-Landeschef und Bundesvorstandsmitglied zulässt.

Will Bundeskanzler Gerhard Schröder Sie in seine Nähe rücken, etwa als Stellvertreter?

Der Parteivorstand ist bis 2003 gewählt. Was dann ansteht, weiß kein Mensch.

Falls die SPD die Wahlen gewinnen sollte, wird Matthias Platzeck als Zuversicht in Person einen Platz im Kabinett Schröders einnehmen?

Alles, was sich nach dem 22. September abspielt, ist momentan völlig irrelevant.

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe wäre vielleicht auch nicht günstig. In der Landeshauptstadt türmen sich die Probleme. Das Innenministerium hat Potsdams Haushalt kassiert.

Wir wissen seit zehn Jahren, dass die Situation ernst ist und bleiben wird. Es ist ein schwieriger Spagat: die Stadt lebens- und liebenswert zu erhalten und die Verschuldung nicht in unverantwortliche Höhen für die nachfolgende Generation steigen zu lassen. Potsdam nimmt keine Sonderrolle im Osten ein. Schauen Sie, zwischen Rostock und Suhl, alle größeren Städte sind in einer schwierigen Situation. Nicht umsonst hat die Bundesregierung eine Kommission eingesetzt, um die Gemeindefinanzierung neu zu durchdenken. Im Wahlkampf wird die finanzielle Situation nun hochgezogen.

Gut läuft es momentan auch nicht für den SPD-Landeschef. Die Partei steht in Umfragen bei 35 Prozent.

Die Umfrage wurde auf dem Tiefpunkt der Bundeswahrnehmung der SPD und kurz nach der Wahlniederlage in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Es gibt keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen. Nach zwölf Jahren Verantwortung auf allen Ebenen wird man eben auch für Dinge verantwortlich gemacht, die schwierig sind. In großen Koalitionen ist es immer schwierig, darzustellen, wofür man steht. Das wird die SPD künftig verstärkt tun.

Der Koalitionspartner wirft Ihnen Aktionismus vor. Gerade liefen die Schnellläufer-Klassen an den Gymnasien an, und schon schlägt die SPD die neunjährige Grundschule vor. Nach dem gekürzten Kita-Rechtsanspruch soll es nun ein kostenloses Kindergartenjahr geben.

Bildung muss diskutiert werden, und das Thema verträgt keine Maulkörbe. Es ist aber sicherlich richtig, dass Bildung auch Zuverlässigkeit braucht.