Werder - «Von jetzt an muss ich jedes Wort auf die Goldwaage legen», schmunzelt der frisch gebackene Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Werner Große. Der 52-jährige Bürgermeister von Werder (Potsdam-Mittelmark) wurde Anfang der Woche von den 26 Mitgliedern des Präsidiums einstimmig zum Chef der bedeutendsten Kommunalvereinigung Brandenburgs gewählt. Er vertritt nun Brandenburgs Gemeinden gegenüber der Landesregierung und nach außen. Große, der drei Kinder hat und mit einer Lebensgefährtin zusammenlebt, zählt zu den erfolgreichsten Kommunalpolitikern des Landes. Er studierte zu DDR-Zeiten Jura an der Hallenser Universität und war Justitiar eines Schaltgerätewerkes. Erst im Februar wurde er mit 79,6 Prozent der Stimmen als Bürgermeister von Werder bestätigt.
Es könnte sein, dass mit der Präsidentenschaft Großes im Städte- und Gemeindebund Landtag und Regierung plötzlich frischer Wind um die Nase weht. «Klar ist mir bewusst, dass ich dieses Amt zur ungünstigsten Zeit antrete», sagt er. Die prognostizierten 244 Mio. Euro Steuerausfälle treffe die Kommunen noch weitaus härter. Und käme noch eine Haushaltssperre der Landesmittel hinzu, sei das Ende der Fahnenstange erreicht.
Große will deshalb bereits in den nächsten Wochen ein Gespräch mit Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) anberaumen, um die drängenden Probleme der Gemeinden angesichts leerer Kassen auf den Tisch zu legen. Die Gemeindegebietsreform reiche für die Bewältigung kommunaler Belange nicht aus. «Damit der Zusammenschluss der Gemeinden und die Auswirkungen der Gebietsreform wirklich greifen können, benötigen wir dringend auch eine Kommunalreform», sagt Große. Er werde noch vor der Kommunalwahl 2003 Vorschläge für eine neue Gesetzgebung zur Finanzierung und Funktionalität der Kommunen unterbreiten.
Große erwartet insbesondere, dass es durch die Gemeindezusammenschlüsse zu weiteren Übertragungen von neuen Aufgaben kommen wird. «Das kann aber nur funktionieren, wenn das Land und die Landkreise für die Übernahme dieser Aufgaben auch die Mittel zur Verfügung stellen.»
Er lehnt es auch ab, wie die Landesregierung es bei einer Haushaltssperre vorhabe, die freiwilligen Leistungen der Kommunen herunterzufahren. Natürlich könne nicht alles bezahlt werden. Aber Grundleistungen, und dazu zählt Große Bibliotheken, Theater, Museen oder Kindertageseinrichtungen, müssten getragen werden. Anders bei den Personalbeständen. Man habe zwar bereits seit der Wende mehr als 30 000 Mitarbeiter aus den Kommunen entlassen. «Das reicht aber immer noch nicht.»
Befürchtungen, dass durch die Bundestagswahl neues Parteiengezänk aufkommen könnte, hat er nicht. Er werde wie schon sein Vorgänger Waldemar Kleinschmidt (CDU) jeden Parteienstreit aus der Arbeit des Kommunalverbandes heraushalten. «Es gibt weder rote, schwarze noch gelbe Kommunen. Ich stehe für die Geschlossenheit des Städte- und Gemeindebundes über jede Parteigrenze hinweg ein», sagt Große. Zwar beobachte er auch, dass die Nervosität im Regierungslager in Potsdam zunehme, aber er könne nur dazu auffordern, in erster Linie die Sachthemen anzugehen. In diesem Zusammenhang plädierte er auch für eine stärkere Beachtung von Bürgerentscheiden. Diese müssten eine viel größere Akzeptanz bei den Regierenden bekommen. «Es darf nicht sein, dass der Anschein erweckt wird, Brandenburgs Volk kann entscheiden, um dann ein Ätsch, wir machen es doch anders zu hören.»