Seit einem Jahr läuft im Kiez rund um die Schillerpromenade das Modellprojekt "Stadtteilmütter" vom Diakonischen Werk. Die Frauen türkischer Herkunft machen Hausbesuche und beraten Familien aus ihrer Heimat. Wegen des großen Erfolges wird überlegt, diese Form der Betreuung von Migrantenfamilien auch in anderen Neuköllner Kiezen zu ermöglichen. *
Aysel Algan (43) macht sich auf den Weg zur Schillerpromenade. Sie hat eine große Tasche mit Informationsmaterial in türkischer Sprache dabei. Die alleinerziehende türkische Mutter lebt seit 35 Jahren in Deutschland und spricht die Landessprache perfekt. Jetzt ist sie in ihrer Funktion als "Stadtteilmutter" im Kiez unterwegs. Die Erzieherin hat einen Termin mit einer Türkin, bei dem sie sich über alles rund um das Thema Schwangerschaft unterhalten wollen. Insgesamt 20 türkische Stadtteilmütter sind seit einem Jahr im Einsatz. In dieser Zeit suchten sie etwa 80 türkische Familien im Bereich Schillerpromenade auf und berieten die Eltern.
"Das Angebot wird super angenommen. Wir erhalten Anrufe von Familien aus ganz Berlin, die sich für den Besuch einer Stadtteilmutter anmelden wollen", sagt Projektleiterin Maria Macher. Die gebürtige Ungarin spricht nicht nur deutsch, sondern auch türkisch, "weil das dringend nötig ist".
Ihren Sitz haben die Stadtteilmütter, die sie betreut, im Elternzentrum des Diakonischen Werkes an der Oderstraße. Themen wie Erziehung, Bildung und Gesundheit stehen bei ihren Kiez-Besuchen auf der Tagesordnung. "Unser großes Ziel ist es, die Familien mit kleinen Kindern zu überzeugen, sie frühzeitig in die Kitas zu schicken", sagt Macher. Darum wird zum Beispiel über das deutsche Bildungssystem informiert.
Nach einem Kursus ist Frau Algan fit als Stadtteilmutter und präsentiert den Familien auch gleich Handzettel mit Ansprechpartnern, Telefonnummern und Hilfseinrichtungen. Ihr Vorteil: "Als Türkin erreiche ich Familien zu Hause, die sich sonst nie an eine kommunale Einrichtung gewandt hätten. Wir sprechen die gleiche Sprache."
Inzwischen haben bei Maria Macher auch viele arabische, afrikanische und chinesische Frauen nachgefragt. "Das läuft zu 90 Prozent über Mundpropaganda", sagt die Diplom-Pädagogin. Aber die Stadtteilmütter sind auf den Kiez Schillerpromenade festgelegt, wo es wegen der schlechten sozialen Lage ein Quartiermanagement gibt. Ihre Aktion wird bis 2007 aus dem Senatsprogramm Soziale Stadt bezahlt. "Wir bemühen uns um eine Neuauflage auch mit den anderen Nationen, weil es dringend nötig ist", so Macher. Demnächst werden die ersten arabischen Frauen auf ihre Arbeit als Kiezmütter vorbereitet.
"Es wird darüber nachgedacht, auch am Reuterplatz oder Richardplatz Kiezmütter einzusetzen", sagt Detlef Jeschke vom Quartiermanagement Schillerpromenade.