Berlin bietet viele schöne Ecken: Plätze, von denen nur Kiezkenner wissen, verschwiegene Orte, die man zufällig beim Spaziergang entdeckt. Wir stellen Ihnen in loser Folge zwölf Berliner und ihren Lieblingsplatz vor.
"Mein Lieblingsplatz ist die ideale Rückzugsmöglichkeit von den Zumutungen des Alltags", sagt Helmuth Pohren-Hartmann. Er liebt die besondere Atmosphäre des Städtischen Friedhofs Schöneberg III - besser bekannt als "Künstlerfriedhof Friedenau". Deshalb veranstaltet der 54-Jährige nicht nur regelmäßig Führungen über das denkmalgeschützte, von hohen Mauern eingefasste Geviert an der Stubenrauchstraße, sondern hat auch einen Friedhofsführer zu den letzten Ruhestätten der vielen prominenten Musiker, Schriftsteller, Maler und Schauspieler, die dort bestattet wurden, geschrieben. Das Büchlein, im Mai erschienen, erwies sich als echter Bestseller und ist bereits vergriffen.
Das liegt nicht zuletzt am bislang letzten prominenten Neuzugang: Am 2. Juni wurde der Fotograf Helmut Newton in der gleichen Grabreihe beigesetzt, in der auch Filmdiva Marlene Dietrich ihre letzte Ruhestätte fand. Auch Helmuth Pohren-Hartmann gab dem Starfotografen das letzte Geleit.
Inzwischen ist auf dem von hohen Linden beschatteten Friedhof wieder Ruhe eingekehrt. Nur noch vereinzelt pilgern Newton-Verehrer durch die Gräberreihen. "Sein Grab zu finden, ist gar nicht so leicht, weil es noch keinen Grabstein hat", erläutert der Experte. Sein Tipp: Marlenes Grabstein suchen, dann links davon nach Bambus-Stöcken Ausschau halten, denn mit denen ist das Grab des gebürtigen Schönebergers geschmückt. Zu den vielen weiteren Berühmtheiten gehören auch der italienische Opern-Komponist Ferruccio Busoni ("Turandot", "Doktor Faust"), die Schriftstellerin Dinah Nelken und der Autor Paul Zech.
Helmuth Pohren-Hartmanns liebste Stelle auf dem Friedhof befindet sich allerdings woanders. In der nach den Plänen des Friedenauer Gemeindebaurates Hans Altmann 1916 errichteten, mit vielen Ornamenten verzierten Urnenhalle besucht er regelmäßig die von ihm verehrte Malerin Jeanne Mammen (Urnenraum 45). Die Weggefährtin von Otto Dix und George Grosz gehörte in den 20er-Jahren zu den bekanntesten Expressionisten.
Für den Verwaltungsangestellten, der im Bürgeramt Neukölln in der Sozialhilfeberatung arbeitet, ist die Beschäftigung mit den "Oasen der Ruhe" ein gutes Mittel, um nach den oft bedrückenden Fällen seines Berufslebens wieder auf andere Gedanken zu kommen. "Friedhöfe sind offene Geschichtsbücher", sagt Pohren-Hartmann. Das Grab und seine Gestaltung sagen sowohl etwas über die Person aus, die dort bestattet wurde, als auch über die Epoche, in der er lebte.
"Leider wurden bis vor kurzem viele Gräber einfach abgeräumt, wenn die Liegezeit abgelaufen war", bedauert er. Inzwischen habe die Interessengemeinschaft Historische Friedhöfe, deren Mitglied er ist, die Friedhofsverwaltung sensibilisiert, die Gräber von bekannten Persönlichkeiten zu erhalten. Bei seinen Führungen versucht er zudem, das Publikum für Grab-Patenschaften zu begeistern. "Man kann Gräber mit der Auflage erwerben, diese als Denkmal zu erhalten und sich im Todesfall dort beisetzen lassen", sagt er Auf diese Weise blieben die Gräber der Nachwelt erhalten.
Wo er selbst nach seinem Tod beigesetzt werden möchte, ist für den Friedenauer klar. "Natürlich auf dem Künstlerfriedhof."
Die nächsten Führungen: 11. Juli und 1. August, jeweils 14 Uhr. Treffpunkt: Haupteingang Stubenrauchstr. 43-45. Kosten: 7,50 Euro.