Kinder spielen im Asbest

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Helga Labenski

Die Zustände auf der stark asbestbelasteten Baustelle der Kladower Eugen-Kolisko-Schule für Waldorfpädagogik übertreffen offenbar die schlimmsten Befürchtungen der Behörden.

Kladow Die Zustände auf der stark asbestbelasteten Baustelle der Kladower Eugen-Kolisko-Schule für Waldorfpädagogik übertreffen offenbar die schlimmsten Befürchtungen der Behörden. Andreas Weber, dessen vierjährige Tochter in die Waldorf-Kita im Gebäude des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) geht, berichtet über einen erschreckend sorglosen Umgang mit dem krebserregenden Material im ehemaligen Haus 9 des Krankenhauses Havelhöhe. Der Verein für Waldorfpädagogik Havelhöhe baut den früheren Krankenhaustrakt zu Schulstandort um. Nachdem besorgte Eltern vorige Woche Ämter alarmiert hatten, besteht ein Baustopp.

Seit Februar hätten Eltern und Lehrer zunächst nur an den Wochenenden, seit Mai dann beinahe täglich in den belasteten Räumen gearbeitet. Der Staub des Abbruchmaterials sei bei geöffneten Fenstern sowohl ins Freie als auch durch das Gebäude geweht. Nahezu alle Eltern und Lehrer hätten mitgeholfen. Viele der freiwilligen Helfer hätten ihre Kinder regelmäßig mit auf die asbestverseuchte Baustelle gebracht. "Da haben Mütter einfach den Kinderwagen reingeschoben", erinnert sich Weber. Der Nachwuchs habe inmitten des Abbruchmaterials gespielt, berichten auch Mitstreiter.

Der Keller sei ein "regelrechter Asbestschacht" gewesen, sagt Weber. "Als ich da auf eine knirschende Bodenplatte getreten bin, habe ich mir gesagt, das kann ja wohl nicht wahr sein. Ich habe ein Bruchstück in eine Plastiktüte gesteckt und mitgenommen." Die Probe bestätigte den Asbestverdacht, der dem Vereinsvorstand als Bauherren lange bekannt gewesen sein muss. Ein Schadstoff-Gutachten der Berliner Gesellschaft für Sicherheits- und Umwelttechnik (GSU) vom April 2005 im Auftrag der Eugen-Kolisko-Schule, das dieser Zeitung vorliegt, weist gleich an mehreren Stellen auf asbestbelastete Baumaterialien, aber auch andere Schadstoffe wie hochgiftige Holzschutzmittel hin. Danach wurden vom Keller bis zum Dach des viergeschossigen Hauses asbesthaltige Baustoffe dokumentiert und auf Richtlinien zum Umgang mit gefährlichen Stoffen verwiesen.

Dass dennoch keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, macht Behörden und Betroffene gleichermaßen sprachlos. Auf ausdrückliche Nachfragen seien die Belastungen immer heruntergespielt worden, erzählen Väter und Mütter hinter vorgehaltener Hand. Die meisten wollen anonym bleiben. Sie fürchten Nachteile für ihre Kinder und bangen um das Projekt, an dem die meisten Familien und viele Pädagogen auch finanziell beteiligt sind.

Der Vereinsvorstand war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Am Mittwoch will er jedoch Eltern und Lehrer bei einer Versammlung mit Vertretern des Landesamtes für Arbeitschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit über die Situation informieren.