"Hier ist die letzte Messe noch nicht gesungen", sagt der haushaltspolitische Sprecher der Partei, Jochen Esser. Sollte der Betreiber des Admiralpalastes, Falk Walter, wie angekündigt gegen das Bauvorhaben seines Nachbarn an der Friedrichstraße 100 klagen, befürchtet der Haushaltsexperte einen Dominoeffekt. Klagen anderer Investoren würden demnach am Ende auf das Land zurückfallen.
Voraussichtlich in der kommenden Woche tritt zum ersten Mal der Untersuchungsausschuss zum Spreedreieck zusammen. Dabei wird es um Grundstücksverkäufe, das Baurecht, zugewiesene Geschossflächen und millionenhohe Rückerstattungen gehen. Mit verwickelt in die Ermittlungen des Ausschusses werden die Finanzsenatoren Peter Kurth (CDU, 1999-2001) und Thilo Sarrazin (SPD, seit 2001) sein, sowie Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Bis Ende 2009 wollen sich die Abgeordneten Zeit nehmen, den komplizierten Sachverhalt am Spreedreieck, aber auch drei weiterer Grundstücke auf der anderen Seite der Friedrichstraße, aufzuklären.
Das Land hatte dem Hamburger Unternehmer Harm Müller-Spreer im Jahr 2000 auf dem Spreedreieck Areale mitverkauft, die der Bahn gehörten, etwa den S-Bahneingang und den S-Bahntunnel. Das hatte die Oberfinanzdirektion, aber auch die damalige Senatsfinanzverwaltung von Peter Kurth, offenbar übersehen. Diese Geländeteile wurden 2001 von einem Gericht der Bahn zugesprochen. Der Investor forderte Schadensersatz und erhielt 2004 vom Senat 8,7 Millionen Euro plus Grunderwerbssteuer. Außerdem erhielt er kostenlos zwei weitere Grundstücke, um den ihm entstandenen Schaden auszugleichen. Zudem erhielt der Investor die Zusage, höher bauen zu dürfen als vorgesehen, nämlich zunächst statt 15 000 nun 17 500 Quadratmeter. Zum Schluss wies die Baugenehmigung sogar 20 500 Quadratmeter aus. Wie es zu dieser letzten Zusage gekommen ist, ist völlig unklar.
Gegen diese Bebauung klagte der Eigentümer des gegenüberliegenden Hotels Sol Meliá beim Oberverwaltungsgericht erfolgreich. Sie hatten geplant, dass ihre Gäste in den obersten Etagen freie sicht auf Spree und Reichstag haben. Durch die Baugenehmigung für Müller-Spreer blickten sie stattdessen auf dessen Gebäude. In einem Vergleich erhielten die Investoren vier Millionen Euro, weil das Gericht den Bebauungsplan beanstandete.
Schließlich hat auch noch der Betreiber des Admirals Bedenken gegen erteilte Baugenehmigungen angemeldet und mit Klage gedroht. Sein Vorwurf: Das benachbarte Gebäude an der Friedrichstraße 100 sei zu hoch und verschatte den Admiralspalast in unzulässiger Weise. Es sei zu prüfen, ob das Land entsprechende Regresszahlungen leisten müsse. Haushaltsexperte Esser befürchtet für diesen Fall, dass der Investor der Friedrichstraße 100 dann gegen den Bebauungsplan für das Hotel klagt, das wiederum gegen Müller-Spreer auf der anderen Straßenseite vorgehen könnte. Am Ende käme es wieder auf das Ursprungsproblem zurück: Den Verkauf des Spreedreieckes durch das Land, obwohl ein Teil des Grundstückes der Bahn gehört.
Schon jetzt lässt sich nach Angaben Essers eine Reihe von Lehren aus dem Skandal ziehen. So sollten "Naturaliengeschäfte" nach dem Muster: Preisrabatt für mehr Geschossfläche verboten werden. Beim Spreedreieck erkaufte sich das Land bei Müller-Spreer offenbar einen Zahlungsnachlass dafür, dass er im Gegenzug mehr Geschossfläche bauen durfte
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