Neues Milieuschutzgebiet in Tempelhof-Schöneberg

Die sogenannte Rote Insel in Tempelhof-Schöneberg soll unter Milieuschutz gestellt werden. Ziel ist, die soziale Struktur zu erhalten indem Luxussanierungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschwert werden. Noch muss die Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg dem Milieuschutz auf der Roten Insel allerdings zustimmen, was voraussichtlich aber geschehen wird. Stadtentwicklungsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) rechnet mit dem Beschluss noch vor der Sommerpause. Damit die Verordnung in Kraft tritt, muss sie dann nur noch im Gesetz- und Verordnungsblatt offiziell verkündet werden.

Noch werden die Kriterien erarbeitet, welche Modernisierungen sich Hauseigentümer künftig auf der Schöneberger Insel vorher genehmigen lassen müssen. „Großzügige Wohnungszusammenlegungen und auch den Anbau eines zweiten Balkons sind in solchen Gebieten zustimmungspflichtig, und wir werden sie in aller Regel ablehnen, weil sie zu unnötiger Verteuerung der Miete führen“, sagte Klotz, die die Milieuschutzgebiete in die Wege geleitet hat. Auch Luxusausstattungen in Bad und Küche, die laut Klotz ebenfalls „erheblich auf die Miete drücken“ werden kritisch gesehen. Fußbodenheizungen gehörten im Neubau oft zum Standard, im Altbau verteuerten sie meist die Miete. Fahrstühle seien zumindest umstritten.

Wie schon in den anderen drei Gebieten haben sich Fachleute auch bei der Roten Insel die Eckdaten genau angeschaut. Dabei wurden nach Auskunft von Klotz in einer repräsentativen Studie mehr als 1400 Haushalte schriftlich befragt. „Nach Paragraf 172 des Baugesetzbuches muss beim sozialen Milieuschutz nämlich nachgewiesen werden, dass drei Voraussetzungen erfüllt sind: eine Verdrängungsgefahr der angestammten Mieter, Aufwertungspotenziale, die über den üblichen Standard hinausgehen und negative städtebauliche Folgen“, erläutert Klotz das Verfahren. All dies habe für die Rote Insel nachgewiesen werden können. Alle fünf Jahre müsse zudem geprüft werden, ob die Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

Modernisierungen zum Teil erlaubt

Klotz will jetzt weitere Gebiete prüfen lassen, bei denen eine Verdrängung der angestammten Bewohnerschaft durch Mieterhöhungen und Luxussanierung wahrscheinlich ist. Das wären nach Einschätzung ihrer Behörde das Quartiersmanagement-Gebiet im Schöneberger Norden mit der Kurfürstenstraße und Potsdamer Straße. Außerdem der Kiez im sogenannten „Kärntener Dreieck“ zwischen S-Bahn und Autobahn unweit des Innsbrucker Platzes. Auch zwischen Dominicusstraße und Kaiser-Wilhelm-Platz könnte es ihrer Meinung nach nötig sein. Zunächst muss sie aber Vorwürfen von Mietern der Schöneberger Gleditschstraße 49 bis 69 begegnen. Bei ihnen wird trotz Milieuschutz modernisiert - deshalb argumentieren sie, dass die Maßnahme ihre Wirkung verfehle. „Ein soziales Erhaltungsgebiet bedeutet nicht, dass das Bauamt damit jede Modernisierung und jede Mieterhöhung verhindern kann. Durch unsere Verhandlungen haben wir es immerhin geschafft, dass die Umlagekosten halbiert worden sind bei den geplanten Umbauten“, so Klotz auf Anfrage der Berliner Morgenpost. Die Kosten für die Aufzüge würden nur zur Hälfte umgelegt, und dem Fensteraustausch würden von den 590.000 Euro nur 190.000 Euro umgelegt als Modernisierungskosten. Geplant ist die Modernisierung der neun Häuser ab dem kommenden Juli bis Ende 2016. Mieter fürchten durch die Modernisierungsarbeiten, dass sie sich die dadurch erhöhte Miete künftig nicht mehr leisten werden können.

Die 117 Wohnungen liegen laut Klotz momentan bei einer Nettokaltmiete von 5,64 bis 6,16 Euro pro Quadratmeter. Nach der Modernisierung werden ihrer Auskunft nach 7,14 bis 7,76 Euro gezahlt werden müssen. Wenn diese Beträge oberhalb des Mietspiegels lägen, handele es sich bei den Auseinandersetzungen zwischen Vermieter und Mieter jedoch um eine privatrechtliche Angelegenheit. „Milieuschutz ist kein einzelner Mieterschutz, und wir kommen auch nicht an geltenden Gesetzen vorbei, wenn es um Verbesserung bei der Energieeinsparung geht. Aber wir prüfen sehr genau, ob die Modernisierungen dem sozialen Erhaltungsgebiet widersprechen.“