Neukölln soll einen Kreativ-Beauftragten bekommen. Damit sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, die aufstrebende Gründerszene langfristig im Bezirk zu halten. „Neukölln beginnt an vielen Orten, kleine grüne Pflänzchen der Kreativwirtschaft zu ziehen“, sagt der Kreischef der CDU und Stadtrat für Jugend und Gesundheit, Falko Liecke. „Mein Ziel ist es, mit einem Kreativ- und Innovationsbeauftragten diese Gründungen mit betriebswirtschaftlichem und unternehmerischem Know-how auszustatten, damit diese Firmen in Neukölln dauerhaft ihre Wurzeln schlagen.“
Liecke wendet sich damit gegen den in der kommenden Woche ausscheidenden Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), der die Attraktivität des Bezirks für junge Menschen und junge Firmengründer für ein Strohfeuer hält. „Wir in Neukölln sind nur eine Episode im Leben dieser jungen Gründer“, hatte Buschkowsky in einem Gespräch mit Schriftsteller Peter Schneider gesagt, das dieser in seinem Buch „An der Schönheit kann’s nicht liegen“ veröffentlichte. „Ich weiß wirklich nicht, worauf sich die These stützt, dass Neukölln einen Aufschwung macht.“ Tatsächlich seien in den vergangenen Jahren mehr und mehr Galerien, Bars und Jungunternehmen in den Stadtteil gekommen. Die Gründer seien aber „weder in der Lage noch in der Stimmung, ein neues Neukölln zu schaffen“, so der Sozialdemokrat.
Es stehen kaum Läden leer
Das sieht die Kreativszene im Bezirk anders. Das Kreativnetz Neukölln (KNNK) besteht seit sechs Jahren und verfolgt die Entwicklung positiv. „Ich denke nicht, dass die Kreativen in fünf Jahren wieder weg sind“, sagt Vorstandsmitglied André Batz. „Es stehen kaum Läden leer, das ist keine Entwicklung, die aufhört.“ Im Gegenteil: Der Bezirk habe sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert. Niedrige Mieten und vorhandene Flächen hätten die Kreativen angezogen, in der Folge sei eine aufblühende Infrastruktur mit Läden und Kneipen entstanden. Inzwischen kommen Menschen aus der ganzen Stadt und zunehmend auch Touristen in den Bezirk. „Ich glaube, das ist ein ganz normaler Prozess“, sagt Batz. Die Idee eines Kreativ-Beauftragten begrüßt das Kreativnetz daher, auch wenn die Wirtschaftsförderung in Neukölln sich bereits um diese Szene bemühe. „Die Wirtschaftsförderung war der Entwicklung gegenüber immer aufgeschlossen. Das ist in manch anderen Bezirken nicht der Fall“, sagt Batz, der selbst seit 13 Jahren in Neukölln lebt.
Genaue Zahlen über das Kreativpotenzial des Bezirks liegen nicht vor. Schätzungen des Netzwerks KNNK gehen von 600 bis 3000 solcher Unternehmen aus. „Das ist viel Potenzial, das unterstützt werden muss“, sagt CDU-Chef Liecke. „Diese Menschen wollen in Neukölln leben. Dazu ist attraktiver Wohnraum erforderlich, der derzeit durch die Forderungen für einen Milieuschutz konterkariert wird.“ Nach den Vorstellungen des Politikers soll der Kreativ-Beauftragte der Wirtschaftsförderung angegliedert werden und sich vor allem um bessere Rahmenbedingungen für die Gründerszene bemühen. Dazu zählt, den jungen Unternehmen beim Start zu helfen, geeignete und bezahlbare Räume bereitzustellen.
Seit sieben Jahre existiert bereits das „Büro 2.0“ auf dem Gelände des ehemaligen Fernheizkraftwerks Neukölln am Weigandufer. Das Gemeinschaftsbüro bietet auf 850 Quadratmetern 40 sogenannten Open-Source-Experten Platz. Ein ähnliches Projekt ist an der Kienitzer Straße entstanden (Coworking Neukölln), wo sich Kreative Büros teilen. Die Kienitzer Straße galt vor zehn Jahren noch als ein Kriminalitätsschwerpunkt in der Stadt.