Seit Einführung des Mindestlohns sind Haarschnitte teurer geworden
Viele Berliner knausern nach Ansicht eines Branchenkenners beim Friseurbesuch. Der Trend zu Billigfrisuren halte an, sagte der Inhaber der Discountkette Hairtie, Rene Friedel. In den ersten drei Monaten habe er einen massiven Ansturm von Kunden erlebt, die sich wegen Preiserhöhungen in anderen Läden bei ihm die Haare schneiden ließen. Friedel schätzt den Anteil der Kunden, die auf den Preis achten, auf 20 bis 25 Prozent. Eine Mitarbeiterin des Friseursalons Haarstation in Mitte und Friedrichshain sagte dagegen, die Berliner seien bereit, wieder mehr für den Haarschnitt auszugeben: „Billig war gestern“, sagte sie.
Seit der Einführung des Mindestlohns verlangen viele Betriebe mehr für den Haarschnitt, wie einige Salons auf Anfrage erklärten. „Bei vielen anderen gab es dagegen keine Erhöhungen, weil sie ihre Mitarbeiter schon vorher den Mindestlohn zahlten“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Berliner Innung, Markus Feix. Seit Januar gilt für Friseure im Osten ein Stundenlohn von 7,50 Euro und acht Euro im Westen. Ab August muss überall 8,50 Euro gezahlt werden. Das Friseur-Handwerk fällt unter die Ausnahmen. Seit Januar gilt bundesweit ein Mindestlohn von 8,50 Euro. Laut Feix müssen 30 bis 50 Prozent des Jahresumsatzes für Personalkosten eingeplant werden. „Bei Preisen von fünf oder sechs Euro pro Haarschnitt fragt man sich, wie so etwas möglich ist.“
Unternehmer setzen auf Masse
Hairtie-Chef Friedel hat eine Antwort darauf. Bei den Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter versuche er, Überschneidungen zu vermeiden. In seinen acht Filialen setze er auf Masse. „Viele Kunden wollen sich schnell die Haare schneiden lassen und nicht lange warten“, so Friedel. Je mehr Kunden bedient würden, desto mehr verdiene er. Nach seiner Einschätzung ist die Nachfrage nach Billigfrisuren in allen Bezirken zu spüren. Auch seine Filiale in Steglitz, „wo die Einwohner mehr verdienen sollen“, laufe gut. Dagegen sieht Yesim Ugurlu von der M-Hairfactory den Standort entscheidend für die Höhe des Umsatzes. Die Salons der Kette bieten sowohl günstige als auch preisintensive Haarschnitte an. „Viele Kunden wollen für wenig Geld eine gute Qualität“, sagte Ugurlu. Schon seit 2001 beobachte sie, dass die Berliner auf günstige Preise beim Friseur Wert legen. „Der Kunde prüft den Preis in Hinsicht auf die dafür gebotene Leistung und Qualität“, konstatiert der Obermeister der Berliner Friseurinnung, Jan Kopatz. „Eine Abkehr von der ‚Geiz-ist-geil‘-Mentalität lässt sich aber erkennen.“ Nach Einschätzung von Kopatz besuchen die Berliner inzwischen etwas seltener den Friseur. Er sprach von einem leichten Rückgang – „jedoch mehr bei den Damen als bei den Herren“.
Als großes Problem nannte Markus Feix außerdem die Schwarzarbeit. Außerdem gebe es immer mehr allein arbeitende Friseure, die sich als Selbstständige keinen Mindestlohn zahlen müssten und damit günstigere Preise anbieten könnten.
dpa