Schinkel-Wettbewerb: Nachwuchsplaner entwerfen ein neues Stadtquartier am Kohlekraftwerk

Ein Schwimmbad mit Sprungturm im Fluss. Ausgemusterte Kohleschuten, die zu schwimmendem Wohnraum werden. Eine Hängebrücke über die Spree, die Lichtenberg mit dem Plänterwald in Treptow verbindet. Und über allem schweben die Gondeln einer Seilbahn. Dies sind nur einige der insgesamt 137 Vorschläge, die die 300 Teilnehmer des diesjährigen Schinkel-Wettbewerbs eingereicht haben. Unter dem Titel „Neuland Lichtenberg“ hatte der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (AIV) Nachwuchsarchitekten, Bauingenieure und Landschaftsplaner dazu aufgerufen, Entwürfe einzureichen, nach denen direkt gegenüber des Plänterwaldes auf der anderen Seite der Spree ein attraktiver Stadtteil für 15.000 bis 20.000 Einwohner entstehen kann.

Das Thema des Wettbewerbs ist mit Bedacht gewählt. Denn Berlin will in den kommenden Jahren das Kraftwerk Klingenberg in Lichtenberg vom Netz nehmen. Die Idee, sich in Form eines Wettbewerbs um die Gestaltung der Landschafts- und Stadträume um das Kraftwerk herum zu kümmern, ist aktuell. Denn nicht nur das Kraftwerksgelände steht zur Disposition, auch das Gebiet südlich davon ist schon heute von großflächigen, teilweise leer stehenden Gewerbebauten geprägt, zwischen denen kleinere Siedlungsgebiete, Brachflächen und Kleingartenanlagen seltsam verloren wirken.

Originelle Ideen und Perspektiven

„Mit originellen Ideen gelingt es den jungen Planern in einer großen Bandbreite unterschiedlichste Perspektiven aufzuzeigen, wie in dem innerstädtischen Bereich mit Spreelage auf Freiflächen neue lebendige Quartiere und in Bestandssituationen Qualitäten gefunden und belebt werden könnten“, lobt Melanie Semmer, Juryvorsitzende und 2. Vorsitzende des AIV, die Qualität der Wettbewerbsbeiträge. Bereits zum 160. Mal verleiht der AIV in Erinnerung an Karl-Friedrich Schinkelam Geburtstag des Baumeisters am heutigen Freitag die Preisgelder in Höhe von insgesamt 19.500 Euro.

Zu den zwölf Preisträgern dieses Jahres gehört auch der Berliner David Hein. Von dem 24-Jährigen, der an der BTU-Cottbus Architektur studiert, stammt die Idee, das Problem der mangelnden Verkehrsanbindung des neuen Stadtquartiers in luftiger Höhe zu lösen. „Eine Seilbahn hat einen sehr geringen Platzbedarf, im Vergleich mit Bus und Straßenbahn sind die Betriebs- und Personalkosten bei gleicher Beförderungsleistung sogar geringer“, sagt Hein. Zudem wäre die strombetriebene Seilbahn abgasfrei und die Stille im Plänterwald werde nicht gestört. „Es ist an der Zeit, in Lichtenberg ein neues System der Personenbeförderung und öffentlichen Anbindung zu wagen“, sagt der junge Planer selbstbewusst und verweist auf positive Erfahrungen mit Seilbahnen in der Türkei und in Kolumbien. Seine 3,2 Kilometer lange Strecke startet an der Station S-Bahnhof Treptower Park und überquert die Spree. Über die beiden Zwischenstationen Stralauer Insel und Spreepark im Plänterwald führt die Strecke zum Endhaltepunkt, der im historischen Maschinenhaus des denkmalgeschützten Kraftwerks Rummelsburg untergebracht ist. „Eine verkehrstechnische und leistungsfähige Anbindung an den entlegenen Ort, die landschaftsplanerisch gut eingebunden sei“, lobte die Jury seinen mit 3000 Euro dotierten Beitrag im Bereich Architektur. Zusätzlich kann sich der Student auch noch über den vom Verband der Restauratoren im Handwerk gestifteten Sonderpreis „Denkmalpflege“ freuen. Denn obwohl er die 1907 errichtete Maschinenhalle aus rotem Klinker zum Bahnhof umfunktioniert, geht er mit dem alten Gemäuer sehr rücksichtsvoll um. „Die Seilbahn durchstößt das Gebäude nur an einer Stelle, an der ehemals ein Kesselhaus angebaut war“, so Hein. Weichen müsste nur eine nachträglich eingezogene Brandwand.

Zu den Preisträgern 2015 gehört auch die Arbeit von Studenten der TU München. Zwischen Spreeufer und Blockdammweg planen die angehenden Landschaftsarchitekten Philipp Hoß, Julian Schäfer und Quang Huy Le drei Kieze. Sie nutzen die Freiflächen für die Gestaltung von Erholungsräumen als Park oder Skater- und Kletterarena und platzieren in der Spree einen Sprungturm als Teil eines Flussbades. Die Jury zeichnete den Entwurf für seine „urbanen öffentlichen Räume“ aus, die dank Einbeziehung von Industrierelikten einen „starken eigenständigen Charakter“ erhalten.

Die prämierten Entwürfe sind bis 27.März in der Staatsbibliothek, Potsdamer Str. 33 in Tiergarten ausgestellt. Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 9-21 Uhr, Sa. 10-19 Uhr. Der Eintritt ist frei.