Stadtplanung

Neues Gutachten: Oeynhausen ist wohl kein Bauland

| Lesedauer: 3 Minuten
Joachim Fahrun

Juristen äußern sich zum Streit über die Kleingärten

Das Volk hat gesprochen, aber Verwaltung und Politik kommen nicht weiter: Die Situation um die Zukunft der Wilmersdorfer Kleingartenkolonie Oeynhausen ist auch neun Monate nach dem Bürgerentscheid offen. Eine große Mehrheit der Bürger hatte sich für den Erhalt der Grünfläche und gegen eine Bebauung mit Wohnungen ausgesprochen. Aber der Bezirk scheut sich, den Beschluss umzusetzen, weil er fürchtet, dem verhinderten Investoren Entschädigung zahlen zu müssen. Das Land hat bisher finanzielle Unterstützung verweigert. „Alles dreht sich immer wieder im Kreis“, beschrieb die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken im Abgeordnetenhaus, Ex-Umweltsenatorin Katrin Lompscher, am Dienstag die Situation.

Ein Gutachten für den Bezirk hatte zuletzt mögliche Ansprüche der luxemburgischen Investmentgesellschaft Lorac mit maximal 36 Millionen Euro beziffert. Andere Experten gehen von einem Bruchteil aus. Die Linke wollte nun zurück zu den Grundlagen des Konflikts. Sie unterstützt die Kleingärtner, hatte aber den wissenschaftlichen Parlamentsdienst des Abgeordnetenhauses als möglichst neutrale Instanz beauftragt, die baurechtliche Situation im Allgemeinen zu begutachten. Denn die Frage, ob die Parzellen bereits als Bauland gelten oder eben nicht, ist für die Höhe einer möglichen Entschädigung entscheidend.

Die Parlamentsjuristen haben in ihrer gesamten Darstellung nichts zum konkreten Fall gesagt, weil sie danach auch nicht gefragt wurden. Ihre 20-seitige Darstellung werteten Lompscher und ihre Kollegin Marion Platta aber als Unterstützung für ihre Meinung, wonach überzogene Entschädigungsforderungen keine Grundlage hätten. Lorac hatte das Grundstück 2008 für 600.000 Euro gekauft, als es im Flächennutzungsplan als Kleingartenfläche ausgewiesen war.

Wie an vielen Orten im früheren West-Berlin gibt es aber ein konkurrierendes Planungsrecht. Dieses ist festgeschrieben im sogenannten Baunutzungsplan von 1958. Dieser Plan besagt, dass entlang der Anfang des 20. Jahrhunderts festgelegten Straßen- und Baufluchtlinien eine Bebauung grundsätzlich möglich ist, wenn auch mit drei Stockwerken nur halb so hoch wie jetzt vom Investor in Oeynhausen geplant. Außerdem sollen viele größere Flächen genutzt werden, um 700 Wohnungen zu schaffen. Eine der im Gutachten zu klärenden Fragen war nun, ob dieses seit 1958 als „Rohbauland“ geltende Areal bereits erschlossen ist. Dann würde es als Bauland gelten und wäre sehr viel wertvoller. Nach Ansicht der Linken ist Oeynhausen nicht erschlossen. Diese Einschätzung leiten sie unter anderem aus der Tatsache ab, dass der Investor selbst einen Erschließungsantrag gestellt hatte.

Weiter wollten die Linken wissen, ob der Bezirk in einem solchen Fall eine Veränderungssperre erlassen könnte, um zu verhindern, dass die politischen Ziele durchkreuzt werden. Er könne, lautet der Befund im Gutachten. Diese Frage ist weit mehr als akademisch. Denn die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf hatte eine Veränderungssperre beschlossen, das Bezirksamt diese aufgehoben. Jetzt liegt der Konflikt in einem Bezirksaufsichtsverfahren beim Innensenator. Die Linken erwarten, dass die Senatsjuristen die Argumente der Juristen aus dem Parlament berücksichtigen. „Berlin muss diese Hängepartie beenden“, sagte Lompscher.