Neue Statistik der Bildungsverwaltung. Forderungen nach mehr Lehrern

An den Berliner Schulen fällt wenig Unterricht aus. Das jedenfalls besagt die neueste Statistik der Bildungsverwaltung, die der Berliner Morgenpost vorliegt. Die Werte für das Schuljahr 2013/14 befinden sich demnach auf dem Niveau des Vorjahres. Bei den Grundschulen ist der Vertretungsanfall leicht gestiegen, von 11,9 Prozent auf 12,1 Prozent. Das heißt, dass nach wie vor etwa jede achte Unterrichtsstunde vertreten werden muss. Tatsächlich ausgefallen sind aber lediglich 1,9Prozent der Unterrichtsstunden an den Grundschulen. Im Schuljahr 2012/13 waren es 1,8 Prozent.

Bei den Integrierten Sekundarschulen mussten im Schuljahr 2013/14 zehn Prozent der Stunden vertreten werden, 2,4 Prozent davon fielen aus. Bei den Gymnasien lag der Vertretungsanfall bei 9,1 Prozent (jede elfte Stunde). 2,3 Prozent dieser Stunden konnten nicht vertreten werden.

Nur 1,6 Prozent in Pankow

Am höchsten war der Unterrichtsausfall im vergangenen Schuljahr in den Bezirken Spandau und Neukölln, je 2,5 Prozent. In den Bezirken Pankow, Lichtenberg und Mitte indes ist am wenigsten Unterricht ausgefallen. In Pankow waren es nur 1,6 Prozent. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) äußerte sich zufrieden. „Die meisten Schulen managen die Vertretungen sehr gut. Sie können den Unterrichtsausfall dadurch gering halten“, sagt sie. Das zeige, dass die Schulen gut organisiert sind.

Kritik kommt indes von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Deren Vorsitzende Sigrid Baumgardt sagte, dass die Bildungsverwaltung die Statistik schönrechne. „Oft wird der Unterricht nicht fachgerecht vertreten“, kritisierte sie. Es würden Stunden als vertreten gezählt, obwohl die Kinder lediglich beaufsichtigt oder sogar mit einer Aufgabe nach Hause geschickt worden seien. Hinzu käme das Problem, dass die Schulen nicht ausreichend mit Lehrern ausgestattet sind. „Wenn der Vertretungsbedarf dauerhaft bei mehr als zehn Prozent liegt, dann brauchen die Schulen auch zehn Prozent mehr an Personalausstattung“, forderte sie.

Florian Bublys, Vorsitzender des Vereins Bildet Berlin! rechnet aus, dass etwa eine halbe Million Stunden jährlich in Berlin ausfallen. Das seien zwei Prozent von den zehn Prozent des Unterrichts, die nicht regulär gegeben werden. Zu den restlichen acht Prozent gehören zum Beispiel Teil- und Förderstunden in Grundschulen, die bei Krankheit eines Lehrers aufgehoben und zusammengelegt werden. „Das gilt dann auch als vertretene Stunde“, sagt Bublys. In seinen Augen zählt dieser Fall auch zum Unterrichtsausfall, genau wie das Erteilen von Aufgaben bei Lehrermangel in der Oberstufe. „Was ist das denn für ein Unterricht, wenn Schüler unbeaufsichtigt Aufgaben lösen“, sagt er. Aus diesem Grund sei die tatsächliche Quote des Unterrichtsausfalls weitaus höher.

Rita Schlegel, Schulleiterin der Hermann-Sander-Grundschule in Neukölln, bestätigt, dass es nicht möglich ist, Unterricht immer fachgerecht zu vertreten. „Wir bemühen uns sehr“, sagt sie. Wenn aber Fächer wie Englisch, Sport oder Schwimmen vertreten werden müssten, sei das oft nur fachfremd machbar. „Das Wichtigste ist, dass der Unterricht nicht ausfällt“, so die Schulleiterin. In den Vertretungsstunden würde oft Deutsch oder Mathematik gegeben. Für viele ihrer Schüler sei eine zusätzliche Förderung in diesen Fächern ohnehin angebracht.

Fehlende Daten

Der Verein Bildet Berlin! fordert seit Langem eine Lehrerausstattung an Schulen von 110 Prozent. Florian Bublys macht dazu die passende Rechnung auf. „90 Prozent des Unterrichts an Schulen wird regulär nach Stundenplan und Fach gegeben“, sagt er. Zehn Prozent des Unterrichts würden nicht regulär als Fachunterricht erteilt. „Haben wir eine Ausstattung von 110 Prozent, könnte der Unterricht trotz Ausfällen von Lehrern zu 100 Prozent gegeben werden.“

Wie viel Stunden tatsächlich von dem entsprechenden Fachlehrer vertreten werden, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Darüber liegen keine Daten vor. Seit 2004/05 werde das nicht mehr statistisch erhoben, sagt Bublys. Es würden aber die wenigsten Fälle sein. Für ihn sind die neuerlichen Zahlen ein Grund mehr, an seiner Forderung von einer Ausstattung von 110 Prozent festzuhalten.