Baustadtrat Schulte bittet Finanzsenator nach Bürgerentscheid um Hilfe
Exakt 115.146 Charlottenburg-Wilmersdorfer haben über den Bürgerentscheid für die Kleingartenkolonie Oeynhausen abgestimmt – und 84.729 von ihnen stimmten dafür, dass die Schmargendorfer Kolonie mit einem entsprechenden Bebauungsplan erhalten bleiben soll. Das entspricht einem Anteil von 77 Prozent. „Ein überwältigendes Ergebnis“, kommentierte Dagmar König (CDU), Stadträtin für Bürgerdienste. Jetzt müssen die politisch Verantwortlichen – das Bezirksamt, die Bezirksverordnetenversammlung und die Senatsverwaltungen – mit diesem klaren Votum der Bürger gegen eine geplante Bebauung durch den Eigentümer umgehen. Dieser will 700 Wohnungen an der Forckenbeckstraße bauen.
Marc Schulte (SPD), Stadtrat für Stadtentwicklung, hält es allerdings für sehr schwierig, den Bürgerentscheid umzusetzen. Das Risiko der Entschädigung bleibe, sagte er am Montag. In einem Brief an Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD), den Schulte auch als Pressemitteilung versandte, fordert er deshalb, dass Nußbaum das Risiko absichern soll. Der hatte das bereits einmal abgelehnt. Jetzt schrieb Schulte: „Angesichts des nunmehr erfolgten eindeutigen Votums der Bürgerinnen und Bürger bitte ich Sie dringend, Ihre Haltung zu überdenken.“
Die Senatsfinanzverwaltung wollte sich am Montag zu dem Brief nicht weiter äußern. Nur so viel: „Grundsätzlich ist das eine Angelegenheit, die an das Abgeordnetenhaus als Haushaltsgesetzgeber zu richten ist. Zunächst müsste aus unserer Sicht allerdings geklärt werden, ob kein persönliches Fehlverhalten des Baustadtrats vorliegt“, teilte die Sprecherin der Senatsfinanzverwaltung, Kathrin Bierwirth, mit. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Schulte. Die Kleingärtner haben ihn angezeigt, weil er entscheidende Vermerke nicht mit den Akten ans Gericht gegeben haben soll. Darin hatten Sachbearbeiter die Risikoeinschätzung seiner Behörde in Höhe von 25 Millionen Euro als zu hoch und damit hinfällig erklärt. Die Kleingärtner gehen von einer wesentlich kleineren Summe im Fall einer Schadenersatzzahlung aus.
Die Lorac als Eigentümerin besteht unterdessen auf ihrem Baurecht. Sie werde zügig die Baugenehmigung beantragen, teilte Rechtsanwalt Bernhard Haaß mit. „Sollte die Bezirksverordnetenversammlung dem Entscheid folgen und das Baurecht aufheben, muss der Bezirk Schadenersatz leisten“, so der Anwalt.